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Wie ein zarter Hauch – Rudolf Buchbinder mit Liedern ohne Worte

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03.04.2024
Rudolf Buchbinder gilt als großer Interpret klassischer und romantischer Klavierliteratur. Der österreichische Starpianist erwarb sich vor allem mit beredten Beethoven-Interpretationen Weltruhm. So rief seine Aufführung sämtlicher Klaviersonaten des Wiener Klassikers bei den Salzburger Festspielen 2014 Wellen der Begeisterung hervor. 2021 erschien der Zyklus, zeitgleich mit einer Gesamtaufnahme aller fünf Klavierkonzerte Beethovens, bei Deutsche Grammophon.
2022 folgte mit “Soirée de Vienne” ein reizvolles Konzeptalbum des Pianisten, auf dem er eine Wiener Abendgesellschaft nachbildete. Dabei erwies er sich als ein Meister subtiler poetischer Atmosphären, in denen vielfältige emotionale Lagen zum Ausdruck kommen. Diese  Fähigkeit bewährt sich auch bei seiner neuesten Aufnahme, einem hinreißenden Brahms-Album, das Lied-Transkriptionen präsentiert. Buchbinder greift dabei auf Arrangements von Max Reger zurück.

Lieder ohne Worte

Max Reger war nach Brahms’ Tod im Jahr 1897 von seinem Verleger dazu eingeladen worden, Lieder des großen Romantikers für das Klavier zu bearbeiten. Er nahm diese Einladung gerne an, denn Brahms zählte zu seinen Idolen. Seiner ersten Sammlung von 14 Liedern fügte er später, im Jahre 1916, noch 14 weitere Bearbeitungen hinzu, sodass sich insgesamt 28 Liedbearbeitungen ergaben.
Reger hielt sich akribisch ans Original. Er arbeitete die Singstimme klar heraus und fügte den begleitenden Harmonien bewusst keine Extravaganzen hinzu. Der erfahrene Arrangeur ahnte, dass in vielen Brahms-Liedern bereits vollendete Charakterstücke für Klavier solo angelegt waren.

Wie ein zarter Hauch

Buchbinder birgt das poetische Potenzial dieser 28 Miniaturen. Mit ergreifender Feinfühligkeit nimmt er sich der kleinen Kostbarkeiten an. Der Ton der Stücke erinnert an vielen Stellen an die flüchtige Poesie, die Brahms in seinen pianistischen Spätwerken entfaltete. Über weite Strecken fühlt man sich in eine sanfte, versöhnliche Atmosphäre versetzt, die wie ein zarter Hauch wirkt, so etwa in Stücken wie “An die Nachtigall”, “An ein Veilchen” oder in dem berühmten Wiegenlied “Guten Abend, gut’ Nacht”.
In anderen Stücken, wie “Auf dem Kirchhofe”, klingt die melancholische Tiefe von Brahms durch, während Werke wie “Salamander” von seiner tänzerischen Verve zeugen. Die Stimmungen auf dem Album sind farbenreich und intensiv. Stets wird man, wie in einem Impromptu von Schubert oder einer Nocturne von Chopin, in eine andere Welt getragen. Buchbinder arbeitet die komplexen Harmonien in der Begleitstimme differenziert heraus. Dadurch bleibt das musikalische Geschehen, bei aller träumerischen Stimmung, spannungsvoll.
Zurzeit weilt Rudolf Buchbinder in Japan, wo er beim Tokyo Spring Festival, Japans größtem Event für klassische Musik, erneut sämtliche Klaviersonaten von Beethoven aufführt. Seine furiosen Auftritte am 22. und 23. März 2024, bei denen er unter anderem mit der Klaviersonate Nr. 8 in c-moll op. 13 (“Pathétique”) und Beethovens letzter, sich aus heftigen Kontrasten speisender Klaviersonate in c-moll op. 111 zu erleben war, wurden vom Gelblabel auf STAGE+ live übertragen und sind inzwischen als Video-on-Demand verfügbar.

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