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Rudolf Buchbinder – Für ein Werk aufs Ganze gehen

Rudolf Buchbinder
© Rita Newman
09.09.2021
Ludwig van Beethoven ist aus dem Leben des Pianisten Rudolf Buchbinder nicht wegzudenken. Was Wunder also, dass für ihn das zurückliegende Jahr durch seine neuerliche intensive Beschäftigung mit dem Klavierwerk Beethovens gekennzeichnet war
Er wandte sich erneut den fünf Klavierkonzerten Beethovens zu. Wie oft er sie bisher aufgeführt hat, lässt sich schwer beziffern. Oft genug hat er die Konzerte auch schon vom Klavier aus selbst geleitet. Jetzt hat Rudolf Buchbinder sie im Rahmen einer Konzertreihe anlässlich der 150-jährigen Geschichte des legendären Goldenen Saals des Wiener Musikvereins erneut eingespielt – mit fünf unterschiedlichen Orchestern und Dirigenten. Mit Fug und Recht lässt sich behaupten, dass eine solche Konzertreihe ihresgleichen sucht, denn Orchester und Dirigenten gehören zum weltweit Besten, was derzeit im Bereich der klassischen Musik tätig ist. Sie alle teilten sich diesen einen Solisten: Rudolf Buchbinder.

Heimspiel im “Goldenen Saal”

Andris Nelsons und das Gewandhausorchester Leipzig eröffneten den Zyklus mit dem Klavierkonzert Nr. 1 op.15 in C-Dur. Das dritte (op. 37 in c-Moll) bestritt Buchbinder mit den Münchner Philharmonikern unter Valery Gergiev, das vierte (op. 58 in G-Dur) mit der Sächsischen Staatskapelle Dresden und Christian Thielemann, welches pandemiebedingt nicht in Wien aufgenommen werden konnte, und das fünfte (op. 73 in Es-Dur) mit Riccardo Muti und den Wiener Philharmonikern. Die Aufnahme des Klavierkonzerts Nr. 2 in B-Dur wurde ein Dokument besonderer Bedeutung: es sollte das letzte Konzert gewesen sein, das Mariss Jansons vor seinem Tod Ende 2019 in dem von ihm so geliebten Goldenen Saal dirigierte. Nicht nur, dass Buchbinder mit Dirigenten und Orchestern aufs Engste verbunden ist – der Goldene Saal des Wiener Musikvereins, mit dem ihn seit seinem Debüt als 11jähriger zahllose Konzerte und Aufnahme verbinden, ist Buchbinder ein vertrautes Terrain – “Heimspiel” also, in jeder Beziehung! Derartige Voraussetzungen, verbunden mit der lebenslangen Neugier und dem ungebrochenen Interesse des Pianisten und seine Hingabe an das Werk Ludwig van Beethovens liegen dem einzigartigen 3CD-Digipack-Set zugrunde, das Deutsche Grammophon jetzt veröffentlichte.

Die Kadenz als eigenständige Kunstform

“Selbst Stücke, die ich hunderte Male aufgeführt habe, lese ich wie eine Novität”, hatte er in seinem Buch “Mein Beethoven” geschrieben. Immer aufs Neue würden ihm beim Studium der Partituren überraschende Dinge ins Auge springen. Wie wieviel Ernsthaftigkeit und Intensität Rudolf Buchbinder diese Auseinandersetzung vornahm, zeigt das Beispiel seines Umgangs mit den Kadenzen der ersten vier Klavierkonzerte – das fünfte blieb ohne Kadenz. In dem Umstand, dass Beethoven sie erst in den Jahren 1808/09 komponierte, also vier beziehungsweise fünf Jahre nach der Fertigstellung des 4. Klavierkonzerts 1804, quasi dessen “Vervollkommnung” vornahm, erkennt Buchbinder deren Besonderheit als beinahe eigenständige Kunstform – und genauso behandelt er sie auch. 

Novum für Salzburg

Eine großartige Ergänzung ist die Veröffentlichung der Box mit sämtlichen Klaviersonaten Beethovens mit Rudolf Buchbinder, die der Pianist im Rahmen der Salzburger Festspiele 2014 aufzeichnete. Rudolf Buchbinder war der erste Pianist in der Geschichte der Festspiele, der zu einer solchen Konzertreihe eingeladen wurde.
Auch hier offenbart sich einmal mehr die Qualität Rudolf Buchbinders als herausragender Beethoven-Interpret. Seine Klasse beschreibt der Aufnahmeleiter Philip Nedel so: “…bei Buchbinder geht es nie um ihn selbst. Ich kenne wenige Künstler, die so fokussiert und mit Demut an ihr Instrument treten, um immer wieder für ein Werk aufs Ganze zu gehen – einschließlich der Bereitschaft, an die Grenzen der Spieltechnik zu gehen…. Buchbinder kitzelt Töne im zartesten pianissimo aus dem Flügel. Diese Spielfreude und gleichzeitig diese Verletzlichkeit, das ist mitreißend und hat etwas sehr Verbindendes. Und das macht große Musik aus.”
Beide Veröffentlichungen sind im Store der Deutsche Grammophon Store erhältlich. 

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