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KlassikAkzente Jahresrückblick: Die besten Klassik Alben 2019

Jahesrückblick 2019
© DG
12.12.2019
Wenn die Glocken – angeblich! – süßer nie klingen, dann ist es – mal wieder – soweit: das Jahr ist um, Weihnachten steht vor der Tür und Silvester wirft seine böllernden Klangschatten voraus. Für die einen die schönste Zeit des Jahres, für die anderen Grund genug, temporär auszuwandern oder in einen befristeten “Jahresendstreik” zu treten. Denen möchte man zurufen: Gemach, gemach, Freunde, alles nicht so schwer nehmen! Vielmehr getreu dem Motto “Mit Musik geht alles besser!” das Jahr zu einem versonnen klingenden Abschluss bringen und nicht in verstörender Kakophonie enden lassen. Leichter gesagt als getan? Irrtum, leichter getan als gesagt. Denn aus der Fülle der musikalischen Ereignisse des zurückliegenden Jahres einige wirklich bedeutenden herauszufiltern scheint leichter zu sein, als das ganze klingende Jahr in Wort und Schrift Revue passieren zu lassen. Wie wäre es mal mit 12 musikalischen Empfehlungen aus den 12 Monaten des ausklingenden Jahres 2019?
Das Jahr startete mit einer faszinierenden Konzertretrospektive auf DVD und BluRay aus der Verbotenen Stadt in Beijing: dort feierte man das Jubiläum von 120 Jahren Deutsche Grammophon mit einem Konzert der Superlative: Pianist Daniil Trifonov spielte Rachmaninovs 2. Klavierkonzert – passend zu seinem aktuellen Destination Rachmaninov-Projekt, die Sopranistin Aida Garifullina gab sich die Ehre in Carl Orffs unsterblicher Carmina burana und die norwegische Geigerin Mari Samuelsen spielte Max Richters November – ein Konzert in der gesamten Bandbreite der Deutschen Grammophon anno 2019! Überwältigende Bilder, großartiger Sound und ein würdiges Jubiläumskonzert von einem der geheimnisvollsten Orte der Erde – “Live from the Forbidden City!”
Im Februar dann folgte mit der Würdigung eines der vielseitigsten Dirigenten des ausgehenden 20. und beginnenden 21. Jahrhunderts ein weiteres Beispiel für das hohe Ansehen, welches das Gelblabel unter den internationalen Künstlerinnen und Künstlern von Rang hat: eine 50 CDs umfassende Würdigung des Lebenswerks von Seiji Ozawa auf Deutsche Grammophon, der kurz zuvor noch in Japan mit Anne-Sophie Mutter "The Tokyo Recital" dirigiert und für die Deutsche Grammophon veröffentlicht hatte. Das Oeuvre essentielle eines in Europa wie in Amerika und in seiner fernöstlichen Heimat hochgeschätzten Musikers.
Der März bescherte uns einen Klarinettisten der Extraklasse in seiner ersten Zusammenarbeit mit einer der schillerndsten Pianistinnen der Gegenwart: Andreas Ottensamer und Yuja Wang widmeten sich auf “Blue Hour” gemeinsam und solistisch der Musik von Carl Maria von Weber, Johannes Brahms und Felix Mendelssohn! Beider musikalischer Enthusiasmus und die Klangschönheit dieser Aufnahme gipfelten schließlich in einer Opus Klassik-Auszeichnung 2019!
Einen der großen Komponisten und Interpreten des neoklassischen Genres ehrte die Deutsche Grammophon im April mit dem ersten von zwei Teilen der “Jóhann Jóhannsson-Retrospektive”. Der 2018 überraschend gestorbene isländische Klangzauberer und Komponist zahlreicher Soundtracks von Hollywood-Blockbustern hinterließ uns eine Fülle klangschöner und sehr persönlicher Musikstücke, die das breite kompositorische Spektrum des viel zu früh verstorbenen sympathischen Komponisten widerspiegeln. Im September 2020 folgt dann der zweite Teil der Retrospektive, wie schon beim ersten Teil mit viel Liebe zum Detail und aufwendig gestaltet.
Im Mai feierte einer der gefragtesten Dirigenten der jüngeren Generation, der Lette Andris Nelsons, die Fortsetzung seines außerordentlich erfolgreichen Bruckner/Wagner-Zyklus mit einem “seiner” Orchester, dem Gewandhausorchester Leipzig, Bruckners monumentalen Schwanengesang, seine 9. Symphonie. Wie in der Konzeption dieses Zyklus' üblich, wurde die Symphonie mit einem Vorspiel aus Richard Wagners Feder gekoppelt und was böte sich hier besser an als das Vorspiel zu Parsifal?! Der Zyklus, 2018 mit der Veröffentlichung der 7. Symphonie im Rahmen Feierlichkeiten zum 275-jährigen Jubiläum des Gewandhausorchesters begonnen, wird 2020 fortgesetzt.
Im Juni kamen erste Urlaubsgefühle auf und die beste Mezzosopranistin unserer Zeit, Elina Garanca, bewies mit ihrem Album “Sol y Vida”, dass sie nicht nur den passenden Ton für das Gefühl von Sonne, Strand und Meer findet, sondern, dass man auch aus kleinen Stücken große Kunst machen kann – in ihrer Interpretation werden die Lieder und Canzones von italienischen und spanischen Komponisten des 20. Jahrhunderts wie Granada, Torna a Surriento oder Non t’amo più zu funkelnden Preziosen in einer schwülen Sommernacht.
Und schon sind wir in der zweiten Jahreshälfte angekommen, die mit einem Paukenschlag begonnen hatte: die große Geigerin Anne-Sophie Mutter hat wieder einmal mit einer interessanten und überraschenden Idee aufgewartet: Ihre Leidenschaft für gute Filmmusik und ihre Verehrung für einen der prominentesten Vertreter seiner Zunft brachten sie auf die Idee, ihr neues Projekt der Filmmusik von John Williams in dessen neuen, Anne-Sophie Mutter in die Geige komponierten Arrangements zu widmen: “Across the Stars”, in Tanglewood im Juli 2019 uraufgeführt, wurde zum neuen Markenzeichen Anne-Sophie Mutters, die Teile dieses neuen Albumkonzeptes in nahezu jedem ihrer Konzerte präsentiert bis zum 14. September, wo sie das erste Open Air-Konzert ihrer langen erfolgreichen Karriere auf dem Münchener Königsplatz spielt und natürlich mit Musik von… John Williams!
August ist traditionell der Monat der internationalen Musikfestspiele zwischen Salzach und Inn, zwischen Elbe, Mistel und Isar. Einer der prominentesten Vertreter der Deutsche Grammophon-Sängerriege in Salzburg war in diesem Jahr der Bassbariton Ildar Abdrazakov, der passend zu seinen Auftritten in Verdis Messa da requiem sein Solodebüt auf dem Gelblabel veröffentlichte und ein fulminantes “Verdi”-Album vorgelegt hat. Ein kurzer Blick in das eindrucksvolle Video zum Album lässt die Herzen der Verdi-und Abdrazakov-Fans höher schlagen und macht Appetit und Laune auf das ganze Album!
Im September begannen die Vorbereitungen zum anstehenden Beethoven-Jubiläum 2020 Gestalt anzunehmen und auf einer Pressekonferenz in Zusammenarbeit mit dem Beethovenhaus Bonn stellte die Deutsche Grammophon ihre Pläne für das Beethoven-Jahr vor. Ehrengast der Pressekonferenz war der lettische Dirigent Andris Nelsons, der mit seinem Symphonien-Zyklus mit den Wiener Philharmonikern ein erstes Ausrufezeichen für das kommende Jahr setzte. Ebenso wie der junge kanadische Pianist Jan Lisiecki, der mit der Gesamteinspielung der 5 Klavierkonzerte mit der Academy of St. Martin-in-the-Fields den Startschuss für die lange Reihe an Beethoven-Veröffentlichungen 2020 gab.
Die Ehre des ersten großen Höhepunktes für Beethoven 2020 gebührt zweifelsohne der neuen “Complete Beethoven-Edition” der Deutschen Grammophon. Umfangreicher, detailverliebter, musikwissenschaftlich fundierter und hochkarätiger wurde noch kein Beethoven-Oeuvre präsentiert und mit dem Pianisten Lang Lang und dem Geiger und neuen Intendanten des Beethovenhauses Daniel Hope hatte man gleich zwei Stars des Gelblabels zur Hand, die sich den bis dato letzten nicht eingespielten Werken des Bonner Meisters widmeten: einem Menuett für Klavier solo und Beethovens letztem musikalischen Gedanken für Streichquintett. Zusammen mit dem aufwendig und informativ gestalteten Buch zur Edition ist dies sicher die definitive diskographische Aussage zum Beethovenjahr 2020!
Der November wartete mit einem vokalen Glanzstück auf: der junge Tenor Benjamin Bernheim, mittlerweile unangefochten die Nummer 1 der neuen Tenor-Generation, veröffentlichte sein schlicht “Benjamin Bernheim” tituliertes Debütalbum und konnte sofort für Aufsehen sorgen. Die Süddeutsche Zeitung nannte Bernheim die “schönste Tenorstimme seit Luciano Pavarotti” und das ZDF ließ es sich nicht nehmen, dieses Talent in seine Weihnachtssendung “Weihnachten aus Rom” einzuladen. Und wer den Herrn gern live erleben und die Probe aufs Exempel machen möchte, der kann Ende Dezember und Anfang Januar dieses an der Staatsoper in Berlin tun, wo Bernheim als Puccinis Rodolfo und Verdis Alfredo von Liebe, Lust und Leid singt.
Das Jahr beschließt eine ganz Große ihres Fachs, vielleicht die Größte ihres Fachs überhaupt: Cecilia Bartoli, seit über 30 Jahren Garantin für musik-theatralische Erlebnisse der Extraklasse und seit nunmehr 20 Jahren mit musikalischen Ausgrabungen und extravaganten Konzeptalben an der Spitze der Beliebtheitsskala von Publikum und Presse. Ihr neues Album ist dem Größten seiner Zunft, dem Kastraten Carlo Broschi alias “Farinelli” gewidmet und La Bartoli wäre nicht die Bartoli, würde sie nicht aus jedem seiner für ihr neues Album ausgewählten Arien ein kleines Kunstwerk per se machen. Im Konzert und auf dem Album schlüpft sie in Farinellis Verkörperungen männlicher und weiblicher Paraderollen und ihr Spiel mit den Geschlechtern zeigt sich im extravaganten Cover des neuen Albums, einer Reminiszenz an ihre umjubelte “Ariodante”-Produktion bei den Salzburger Festspielen 2017!
Da wären wir nun, ein Album für jeden Monat des vergangenen Jahres haben wir Revue passieren lassen, aber wie viele andere wunderbare Entdeckungen du Einspielungen haben wir nicht erwähnen können?! Deshalb kann ich Ihnen nur raten, machen Sie sich selbst zum musikalischen Schatzgräber und entdecken Sie all jene Alben mit der kleinen oder großen gelben Kartusche, die wir Ihnen hier nicht präsentiert haben und die vielleicht ganz auf Ihren persönlichen Geschmack zugeschnitten sind! Und keiner möge behaupten, er oder sie sei ohne das eine oder andere Fundstück von dieser Suche zurückgekehrt. Dafür lege ich meine Hand ins Feuer!
Eine schöne Adventszeit wünscht Ihnen
Andreas Kluge

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