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Zum 90. Geburtstag von György Kurtág

György Kurtág
© Christoph Egger/ECM Records
17.02.2016
Am 19. Februar 2016 feiert György Kurtág seinen 90. Geburtstag. Der begnadete ungarische Komponist und subtile Pianist blickt auf ein reiches künstlerisches Leben zurück.

Drang nach Entdeckung – György Kurtág

Langweilig war es im Leben des György Kurtág wohl nie. Der 1926 in Lugos/Rumänien geborene Ausnahmekomponist machte schon früh die Erfahrung radikalen Wandels. Die Bewegung kam jedoch nicht von außen. Sie ging von ihm aus. Er wollte es so. Sein innerer Drang trieb ihn zur Entdeckung neuer Welten. Dabei ließ er sich zunächst von seiner Begabung und Neugier leiten. 1946 markiert den Beginn seiner professionellen Laufbahn.
Der junge Mann siedelt nach Budapest über. Beseelt von Musik und dem leidenschaftlichen Wunsch, etwas zu lernen, studiert er an der Franz-Liszt-Musikakademie bei Sándor Veress und Ferenc Farkas Komposition. Parallel dazu belegt er Klavier bei Pál Kadosa und Kammermusik bei Leó Weiner. Es sind Jahre hochgespannten Lernens. Kurtág weiß die schöpferische Atmosphäre der Musikakademie gut zu nutzen. Er erlernt viele musikalische Fertigkeiten und nimmt Kenntnisse in sich auf, auf die er später zurückgreifen kann.

Überwindung der Krise – Jahre der Ernte

Doch obgleich er in Budapest an der Quelle großartiger Lehrer und wegweisender Avantgardisten sitzt, zieht es ihn weiter in die Welt. 1957 und 1958 geht er nach Paris, um bei Darius Milhaud und Olivier Messiaen Kompositionskurse zu besuchen. Anfang der siebziger Jahre verschlägt es ihn nach Berlin. Da hat er seine schwerste Schaffenskrise bereits hinter sich und kann aus dem Vollen schöpfen. Bei aller Inspiration hatte ihn die Reise nach Westeuropa in ein tiefes Loch fallen lassen.
Kurz zuvor hatte er noch ein Werk im Geiste Bartóks und spätromantischer Klangideen komponiert. Jetzt auf einmal spürt er, dass er damit an ein Ende gekommen ist. Er kann sich in dieser Form nicht mehr ausdrücken. Er braucht etwas Neues. Folgerichtig verlässt er den Pfad seiner Lehrer, komponiert kürzere Werke, wagt sich in dissonantere Gebilde vor und behält nurmehr eine fragile Bindung zur Tonalität bei. Wir schreiben das Jahr 1959. Kurtágs Personalstil ist geboren: melancholisch fließende Klanggebilde, die trotz ihrer harmonischen Gebrochenheit eine geheimnisvolle Balance aufweisen.   

Spannende Events – Musikwelt feiert György Kurtág

Bei diesem Stil bleibt György Kurtág, und er findet damit im Laufe der Jahre immer größeren Anklang. Einen Siebenmeilenschritt zur Verbreitung seiner ergreifenden Kunst bildet dabei die Zusammenarbeit mit ECM New Series, die Mitte der 1990er Jahre ihren Anfang nimmt. ECM und Kurtág passen kongenial zusammen. Der ausgefeilte Sound des Labels, die sublime Ästhetik der Cover, die konzentrierte Haltung zur Musik, die Manfred Eicher vorlebt, all das ist ganz nach Kurtágs Geschmack, und so entstehen mit “Hommage à Robert Schumann” (mit Kim Kashkashian), dem grammyprämierten “Kurtág/Ligeti” oder mit “Játékok” wundervolle Alben, die zum Besten der Neuen Musik gehören.
Dass ein solcher Mann gefeiert werden muss, versteht sich von selbst, und so darf sich die Fangemeinde des Komponisten auf jede Menge musikalische Events freuen. Im Zentrum steht das einwöchige Kurtág-Festival in Budapest, das bereits am 14. Februar begonnen hat und am 21. Februar endet. Den Höhepunkt dieser Festwoche bildet ein von der Franz-Liszt-Musikakademie veranstaltetes Konzert am Geburtstag von György Kurtág: Am 19. Februar dirigiert András Keller, einer der wichtigsten Schüler György Kurtágs und den ECM-Hörern als Gründer des Keller-Quartetts bekannt, das Kammerorchester “Concerto Budapest”. Unter der Mitwirkung von Größen wie Meisterpianist Pierre-Laurent Aimard und Cellistin Louise Hopkins sind in der Großen Halle der Akademie zwei ungarische Premieren zu hören: ein Werk, das Kurtág dem zu Beginn des Jahres verstorbenen Komponisten Pierre Boulez zum 90. Geburtstag widmete, und die Neukomposition “Zwiegespräch” (gemeinsam mit seinem Sohn György Kurtág Jr. und Olivier Cuendet). Kurtág schreitet also im hohen Alter noch schöpferisch voran, und das verdient allergrößten Respekt.

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