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Referenzaufnahmen – Arturo Benedetti Michelangeli interpretiert Debussy

Arturo Benedetti Michelangeli
© Siegfried Lauterwasser / DG
06.02.2020
Dem Mann, den das Aufnahmeteam der Deutschen Grammophon im Sommer 1971 im Münchner Plenarsaal der Akademie der Wissenschaften erwartete, eilte schon lange der Ruf eines ganz besonderen Künstlers voraus: Arturo Benedetti Michelangeli. Die Attribute, die ebenso ihm, wie seinem Auftreten, seinem Musizieren galten, gingen weit auseinander. Der Perfektionist, das Tastengenie – Alfred Cortot hatte in ihm die Wiedergeburt eines Franz Liszt gesehen – oder doch eher der allem und jedem gegenüber distanziert auftretende, in sich gekehrte, unberechenbare Pianist mit einer Weltkarriere, um den sich Legenden rankten. Der Start der Pianisten-Karriere des 1920 in Brescia geborenen Arturo Benedetti Michelangeli begann verhalten – mit einem siebten Platz beim Königin-Elisabeth-Wettberb 1938 in Brüssel. Aber schon ein Jahr später gewann er den Ersten Internationalen Musikwettbewerb in Genf, den Concours de Genève 1939, bei dem Cortot in der Jury saß und seinen Liszt-Vergleich anstellte. Dem allerdings hielt Michelangeli nicht stand – seines Naturells wegen. Michelangeli war das ganze Gegenteil eines sich nach außen so gebärdenden “Tastenlöwen”. Sein Streben nach Genauigkeit und Werktreue, sein zwanghafter Perfektionismus, in dem er dem kanadischen Pianisten Glenn Gould nicht unähnlich war – all das war mit der großen Geste des gefeierten Virtuosen nicht vereinbar. Gleichwohl unterrichtete er andere Pianisten, die inzwischen ebenfalls Weltruhm erlangten, wie Martha Argerich oder Maurizio Pollini.

Debussy war “seine Musik”

Immer mehr war das Klavierwerk Claude Debussys für Michelangeli zum Schwerpunkt seines pianistischen Schaffens geworden. “Diese Musik war von Anfang an meine Musik.”, sagte er später. Und so stand in jenen Sommertagen 1971 in München denn auch “Debussy” auf dem Plan. Die “Images”, jenen impressionistischen zweiteiligen Zyklus von je drei musikalischen Bildern machte sich Michelangeli auf seine Art und durch seine besondere Interpretation ganz zu Eigen. Die Suite “Children’s Corner” hatte Debussy hatte in den Jahren 1906–1908 komponiert, zweifellos angeregt durch Schumanns “Kinderszenen”. Auch wenn Debussy die sechs kurzen Klavierstücke seiner Tochter 1905 geborenen Tochter Emma-Claude, genannt Chouchou, gewidmet hatte – sie waren, anders als der Name vermuten ließ, nicht für Kinderhände gedacht. Erstaunlicherweise hatte Benedetti Michelangeli Schumanns “Kinderszenen” nie aufgenommen. Die Suite “Children’s Corner” hingegen war der Teil jener Aufnahmesession im Sommer 1971, der noch zwei weitere folgen sollten: im Juni 1978 in der Laeisz-Halle Hamburg und im August 1980 im Kleinen Saal der Bielfelder Rudolf-Oetker-Halle. Hier entstanden jeweils die Aufnahmen von Préludes I und Préludes II, zwei Zyklen von je zwölf Stücken, die 1910 bzw. 1910–13 entstanden. Nur äußerlich knüpfte Claude Debussy damit an die große Tradition des Klavierpräludiums bei Bach und Chopins Préludes an. Vielmehr kam es Debussy darauf an, in seinen Stücken dem Assoziativen durch eine freie und poetische Gestaltung Raum gewähren. Und genau dieser Ansatz war es auch, der Michelangeli für diese Stücke einnahm.
Die Reaktion der Fachpresse war überwältigend: Michelangelis Debussy sei gleichzeitig stark atmosphärisch und kristallklar, schrieb GRAMOPHONE. “Er scheint für jede Note den logischen, musikalischen Ort und das Gewicht entdeckt zu haben: Das Ergebnis ist die stärkste, farbenfrohste, musikalischste und poetischste Debussy, die Sie jemals von einem Pianisten gehört haben.”

Audiophiler Genuss

Dass sich im Januar 2020 der Geburtstag von Arturo Benedetti Michelangelis zum 100. Male jährt, ist der Deutschen Grammophon willkommener Anlass, die hier beschriebenen Meilensteine seiner Diskographie neu überarbeitet als Doppelalbum zu veröffentlichen. Für alle Freunde des audiophilen Genusses liegt dieser kleinen, aber feinen Jubiläumsbox auch eine Blu-ray Audio bei.

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