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Feinheiten eines Klaviergenies – Hochwertige Gesamtedition der mitreißenden Philips-Aufnahmen von Zoltán Kocsis

Zoltán Kocsis
© DG
01.02.2022
Der Name des ungarischen Starpianisten Zoltán Kocsis ist seit seinem Tod im Jahr 2016 fast unbemerkt aus der Öffentlichkeit verschwunden. Dabei hat der zu Lebzeiten bewunderte Tastenmagier ein überaus reiches Erbe hinterlassen. Seine Diskographie ist eine schier unversiegliche Quelle bedeutender Aufnahmen, und wann immer eine von ihnen neu herauskommt, sehen sich Klavierliebhaber weltweit an einen Pianisten erinnert, der mit seiner ebenso zartfühlenden wie furiosen Spielweise einzigartig war. Er besaß das “Beethovensche Feuer”, erinnerte sich sein musikalischer Wegbegleiter Iván Fischer, der mit Kocsis 1983 das Festival Orchester Budapest gegründet hatte. Kocsis sei “einer der Künstler” gewesen, “der mit allem hinreißt, was er anfasst”, urteilte das Musikmagazin Rondo über den Ausnahmepianisten. “Höchstens eine Handvoll Lebende können Kocsis das Wasser reichen.”         

Gespür für Klangfarben

Kocsis begann bereits im Alter von fünf Jahren mit dem Klavierspiel. Seine entscheidenden Impulse empfing der 1952 in Budapest geborene Pianist an der legendären Franz-Liszt-Musikakademie bei Pál Kadosa. Der von Bartók geprägte Klavierpädagoge, der wie sein Vorbild die Verbindungen zwischen ungarischer Volksmusik und zeitgenössischer Kompositionskunst betonte, hatte auch Größen wie den Avantgarde-Komponist György Kurtág oder den Pianisten András Schiff unter seine Fittiche genommen. Dort bewegte sich Kocsis in einem Klima der Offenheit gegenüber avantgardistischer Musik und erwarb ein tiefes Verständnis für die gesangliche Dimension des Klavierspiels, die sich zu einer seiner größten Stärken entwickelte. Kocsis achtete stets auf klar gezogene Linien und harmonische Transparenz, was ihn für Werke von Bach und Bartók prädestinierte. Sein leidenschaftliches Temperament, seine hohe Virtuosität und sein Gespür für Klangfarben verschafften ihm aber auch privilegierten Zugang zur romantischen und impressionistischen Literatur. 

Mitreißende Philips-Aufnahmen

Beides, sowohl sein Faible für harmonische Feinheiten als auch seine romantischen und impressionistischen Neigungen, spiegelt sich in seinen legendären Philips-Aufnahmen, die Decca jetzt aus Anlass seines 70. Geburtstags am 30. Mai 2022 in einer faszinierenden Gesamtedition neu auflegt. Die reichhaltige Ausgabe, der ein unterhaltsames Booklet mit einem instruktiven Essay von Jed Distler beiliegt, versammelt ein breites Spektrum pianistischer Meisterwerke von Bach, Mozart, Chopin, Liszt, Wagner, Debussy, Ravel, Grieg, Dohnányi, Rachmaninow und Bartók, allesamt fesselnd, geistreich und immer wieder mit überraschender Farbgebung vorgetragen. 
Von bestechender Eloquenz sind die Bach-, Debussy- und Bartók-Aufnahmen des Pianisten. Bachs Kunst der Fuge erstrahlt bei Kocsis als elektrisierend farbintensives Klanggemälde. Maßgeblichen Anteil an dieser Wirkung hat der differenzierte Philips-Sound, der sich auch bei den unübertroffenen Bartók-Aufnahmen des Pianisten und der preisgekrönten Einspielung von Debussys “Images” bewährt. Der britische Musikkritiker James Methuen-Campbell trifft den Punkt, wenn er den “lebhaften Klavierklang von Philips” als audiophiles Gegenstück zu der “umwerfenden Raffinesse” im Klavierspiel von Zoltán Kocsis feiert.

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