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Herbert von Karajan – Ein Hörerlebnis besonderer Intensität

Herbert von Karajan
© Siegfried Lauterwasser / DG
14.07.2021
1965 reiste Herbert von Karajan mit den Berliner Philharmonikern nach Finnland. Anlass war der 100. Geburtstag von Jean Sibelius. Auf dem Programm standen die vierte und fünfte Sinfonie, sowie das sinfonische Poem “Finlandia”.
Diese Konzertreise geriet zu einer sprichwörtlichen Offenbarung. Der damalige Intendant der Berliner Philharmoniker Wolfgang Stresemann schildert in seinen Erinnerungen den stürmischen Erfolg, den Karajan mit seiner Interpretation der Musik Sibelius‘ in Finnland erzielte. Nie wieder, so Stresemann, habe er einen derart gelösten, zugänglichen Maestro erlebt, wie in jenen Tagen. “Merk- und denkwürdig, die gerade die Musik von Sibelius einen menschlich liebenswerten, ganz aus sich herausgehenden Karajan offenbarte”. Dieser hatte sogar einen Kranz am Grab Sibelius‘ niedergelegt und, was ungewöhnlich war, ausführliche Foto- und Pressetermine absolviert. “Am Abend das Unerhörte: einmal die wirklich grandiose Wiedergabe der besonders schweren vierten Sinfonie, dann, als ich in der Pause auf ihn zukam, seine Worte: ‚schöner geht es nicht!‘” Die noch größere Überraschung sei die Rede des an sich wortkargen Maestros auf dem anschließenden abendlichen Empfang gewesen. Karajan sprach über seine Verbundenheit mit der Musik Sibelius‘ und endete: “Wann immer Sie uns haben wollen, wir kommen gerne wieder”.

Sibelius‘ Fünfte mit Karajan – die Platte für die Insel

Dass die Musik des finnischen Nationalkomponisten inzwischen in den Kanon auch der großen deutschen Orchester aufgenommen wurde, ist nicht zuletzt auch dem rückhaltlosen Engagement Karajans zu danken. Bis dato hatte es Sibelius in Europa und besonders in Deutschland ziemlich schwer. Insofern kommen den Sibelius-Aufnahmen, die Karajan in den 1960er Jahren damals noch analog bei der Deutschen Grammophon realisierte, eine besondere Bedeutung zu. Von den sieben Sinfonien Sibelius‘ sind es die späten, ab der Vierten also, mit denen Karajan sich intensiv auseinandersetzte. Zu jeder hatte Karajan eine besondere Beziehung. Die Vierte Sinfonie in a-Moll von 1910/11 bezeichnete er als “Meilenstein in der Musik”. Die Sechste Sinfonie in d-Moll (1923) das erste von Karajan öffentlich dirigierte Sibelius-Werk – 1938 brachte er sie mit den Berliner Philharmonikern zur deutschen Erstaufführung. Karajans Aufnahme der Fünften Symphonie Es-Dur (1915 bis 1919) gehört seit dessen erstem “Sibelius-Erlebnis” von 1957, als Karajan die Fünfte ebenfalls mit den Berliner Philharmonikern aufführte, zu den Lieblingsplatten des großen kanadischen Pianisten Glenn Gould. Er bezeichnete sie als “Aufnahme für die Insel”.

Intensiv Beschäftigung mit Sibelius’ letzten großen Komposition “Tapiola”

Ergänzt werden die Sinfonien durch Sibelius‘ Tondichtungen “Der Schwan von Tuonela” (1895–1900) aus der Lemminkäinen-Suite Op. 22, die “Valse triste” (1904) und “Finlandia” (1899/1900). Dieses Stück avancierte in der Folge sogar zur inoffiziellen Nationalhymne im damals russisch besetzten Finnland.
Besonders intensiv hatte sich Karajan mit Sibelius‘ später Tondichtung “Tapiola” beschäftigt, der letzten großen Komposition Sibelius’, die mit ihrer atmosphärischen Eindringlichkeit als ein Hauptwerk Sibelius' gilt.
Kaum vorstellbar, dass auch Violinkonzert in d-Moll von 1903 sich zunächst nur schwer durchsetzen konnte – heute zählt es zu den populärsten seiner Gattung. Solist dieser Einspielung ist der französische Geiger Christian Ferras. Karajan hatte mit ihm mehrere der großen Solokonzerte (Beethoven, Brahms, Tschaikowsky) eingespielt.
Nach Gabriel Fauré, Claude Debussy und Arnold Schönberg hatte sich auch Jean Sibelius der Thematik Pelléas und Mélisande zugewandt. Zunächst als Schauspielmusik zu Maurice Maeterlincks gleichnamigen Stück 1905 erstmals aufgeführt wurde sie später zu jener neunteiligen Orchestersuite umgearbeitet, wie sie Karajan hier dirigiert.
Die jetzt vorliegende Edition versammelt Karajans sämtliche Sibelius-Aufnahmen, die Karajan für die Deutsche Grammophon vorgenommen hat auf 5 CDs – sowohl der 1960er (analog) als auch die der 1980er Jahre. Die Edition verspricht nicht zuletzt dank der großen inneren Nähe Karajans zu Sibelius‘ Werk, zu einem Hörerlebnis besonderer Intensität zu werden. Ein Extra gibt es mit der Blu-ray- Audio Disc, die noch mal alle Aufnahmen, hoch aufgelöst in Dolby Atmos, enthält.

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