Als Robert Schumann im September 1850 von Dresden nach Düsseldorf übersiedelt, wo er das Amt als Städtischer Musikdirektor von Ferdinand Hiller übernimmt, bricht für ihn eine neue, zunächst glückliche Zeit an, die ihn in einen geradezu euphorischen Schaffensrausch versetzt. Noch im selben Jahr schreibt er seine herrliche 3. Sinfonie op. 97, die “Rheinische” und das Cellokonzert a-Moll op.129, für das er gerade mal zwei Wochen benötigt.
Die Rezeption des Werkes allerdings gestaltet sich als sehr schwierig. Nach vergeblichen Anläufen bei zwei Verlegern schreibt er schließlich an Breitkopf und Härtel: “… das Violoncello Konzert ist vielleicht auch etwa etwas, das, da es an solchen Kompositionen sehr mangelt, manchen erwünscht kommen wird. Auch dieses Konzert ist ein durchaus heiteres Stück…”. Er bekommt den Vertrag, doch der für die Uraufführung vorgesehene Cellist weigert sich, immer neue Ausflüchte suchend, das Werk zu spielen.
Erst vier Jahre später, Anfang 1854, nimmt Schumann sich die Zeit, die ihm vom Verlag Breitkopf & Härtel zugesandten Korrekturfahnen der Partitur zu überarbeiten. Aber zu dieser Zeit leidet er bereits unter dämonischen akustischen Halluzinationen. Sechs Tage nach der Überarbeitung unternimmt er einen Selbstmordversuch und stirbt 1856 in der Nervenheilanstalt Endenich bei Bonn, ohne die Uraufführung des Cellokonzerts erlebt zu haben. Die findet erst 1860, vier Jahre nach seinem Tod, statt. Das Konzert ist, wie ein Kritiker über die Uraufführung schreibt, “… weit von entfernt, Konzessionen zu machen, sei es dem Publikum oder dem Spieler, sondern ist wie die späten Konzerte Beethovens, die Mendelssohn und so weiter, ein symphonisch gehaltenes Tonwerk, in welchem die Soloinstrumente nur einige bevorzugte Stellungen vor den anderen Instrumenten des Orchesters eingeräumt ist.”
Kian Soltani meets Schumann
Schumanns so eigentümlich berührendes Konzert, in dem die Verwandtschaft des Soloinstruments zur menschlichen Stimme so sinnlich und deutlich dargestellt wird, ist das Hauptwerk auf dem neuen Album des jungen Cellisten Kian Soltani. Er hat das Werk bereits mehrfach erfolgreich im Konzert gespielt. Bei der jetzt vorliegenden Aufnahme agiert Soltani als Solist und übernimmt gemeinsam mit dem Konzertmeister Gregory Ahss die musikalische Leitung der Camerata Salzburg. Bezugnehmend auf die zwei Seiten von Schumanns künstlerischer Persönlichkeit, dem stürmisch-feurigen Florestan und dem introvertiert-schüchternen Eusebius, sagt Soltani über Schumanns Cellokonzert: “Wie bei einem Hochseilakt wandelt es ständig zwischen all diesen Polen. Gleich schon zu Beginn treffen sie aufeinander: der freie Fluss der Musik, das kompositorische Können, die Innerlichkeit des Eusebius und das leidenschaftliche Drängen Florestans.”
Zwei Seelenverwandte mit gemeinsamer Sprache
Zu einem besonderen Erlebnis der innigen musikalischen Begegnung zwischen Schumann und Soltani werden vier, von Michael Rot und Matthias Spindler orchestrierte Stücke, darunter das “Abendlied” aus den “12 Stücken für kleine und große Kinder”, Op. 85 sowie “Mondnacht” und “Auf einer Burg” aus dem Liederkreis, Op. 39. Abgerundet wird das Album durch Soltanis eigene Transkriptionen für Cello und Klavier, begleitet vom französischen Pianisten Julien Quentin “Mir war es wichtig, diesen Bogen weiter zu spannen und eine Auswahl meiner absoluten Lieblingslieder von Schumann zusammenzustellen”, erklärt Soltani, “immer tiefgründig, immer persönlich und immer zutiefst berührend, mal mit Streicher-, mal mit Klavierbegleitung.” Dass er dabei den Bogen um Lieder von Robert und Clara Schumann erweitert, macht den besonderen Reiz aus. “Es ist erstaunlich, wie nah sich die Klangwelten und Vorstellungen der beiden sind”, sagt Soltani – “zwei Seelenverwandte, denen eine innere Sprache gemeinsam ist.”