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Packend, dicht und virtuos: Das preisgekrönte Filmdrama “TÁR” in Bild und Ton

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22.02.2023
Liebe, Musik und Macht – es sind schwer gewichtige Themen, die der Film “TÁR” behandelt und als packendes Gesamtkunstwerk auf die Leinwand bringt. Gerade erst wurde der Film bei den Golden Globes ausgezeichnet, ab dem 23. Februar ist das gefeierte Opus auch in Deutschland zu sehen. Das begleitende Konzeptalbum ist bereits im Oktober bei Deutsche Grammophon erschienen und liefert den packende Musik zu dem filmischen Drama von Todd Field. Am 20. Januar ist zudem eine Vinyl-Edition des Konzeptalbums erschienen.

Eine Dirigentin im Ausnahmezustand

Der Film “TÁR” ist ein hochkomplexes Opus, das von einer Komponistin und Dirigentin ebenso handelt wie vom Wesen der Macht und den Folgen ihrer Entfaltung in unserer modernen Gesellschaft. Im Zentrum des Filmplots steht die fiktive Figur Lydia Tár, die erste Frau überhaupt, die als Chefdirigentin eines großen deutschen Orchesters arbeitet und sich in einem von Männern dominierten Berufsfeld behaupten muss. Rund um ihre neueste Aufnahme, eine Einspielung von Gustav Mahlers 5. Symphonie, beginnen sich die Dinge in Társ beruflichen wie privaten Leben problematisch zu vermischen. So scheint sich eine Liaison der Dirigentin mit einer Cellistin anzudeuten, was wiederum auch Társ Ehefrau mitbekommt und zu heftigen Auseinandersetzungen führt. Zudem wird Tár angesichts des Suizids einer ehemaligen Schülerin sexueller Machtmissbrauch vorgeworfen. Die Situation eskaliert schließlich und Tár verliert ihre Frau ebenso wie ihr Orchester. So mündet der Film im Rückzug und der inneren Emigration der Künstlerin.

Atmosphärisch starke Musik von Hildur Guðnadóttir

Mit Cate Blanchett wird die Dirigentin von einer der führenden Schauspielerinnen unserer Zeit gespielt, die die vielen Zwischentöne und Ambivalenzen der Figur eindrucksvoll herausarbeitet. Diese Vielschichtigkeit und Brüchigkeit wird eindrucksvoll untermauert durch die außergewöhnliche Musik zum Film, eigens komponiert von Hildur Guðnadóttir. Die Komponistin arbeitete mit dem Regisseur hierfür auf unterschiedlichsten musikalischen Ebenen eng zusammen. So schrieb sie nicht nur die Partitur, an der die Zuschauer Lydia Tár arbeiten sehen, “For Petra”, sondern komponierte auch die Filmmusik selbst, welche die stückweise zerfallende Welt der Lydia Tár packend ausdrückt. So unterstreicht die Musik von Guðnadóttir den psychologischen Gehalt der Geschichte und spiegelt auf eindringliche Art und Weise den aufgewühlten Geisteszustand der Protagonistin wider. Laut der Tonschöpferin soll die Filmmusik “jenseitig sein, dieses unsichtbare Etwas haben, das in dein Unterbewusstsein dringt” – es ist ihr zweifelsohne gelungen.

Intensive musikalische Bilder

Neben den atmosphärischen Klangdichtungen Guðnadóttirs bildet das Album faszinierend jenen künstlerischen Prozess ab, den Field “das komplexe Wirrwarr beim Machen von Musik” nennt. Entsprechend verwebt es Momente aus realen Aufnahmesitzungen, Sequenzen fiktiver Proben, Musik, die von den Charakteren des Films gehört wird, und fertige Fassungen der Kompositionen, an denen Lydia arbeitet. Dabei sind unter anderem Auszüge aus Gustav Mahlers 5. Symphonie zu hören, eingespielt von der Dresdner Philharmonie mit Konzertmeister Wolfgang Hentrich, außerdem Auszüge aus dem Cellokonzert von Edward Elgar, interpretiert von der Cellistin und Schauspielerin Sophie Kauer und dem London Symphony Orchestra unter Leitung von Natalie Murray Beale. Eingeblendete Gesprächsfragmente aus den Abbey-Road-Sessions gewähren zudem einen kurzen Blick hinter die Kulissen, wohingegen “Here’s That Rainy Day” (Burke/Van Heusen), gespielt vom Solisten Al Kay und dem New Trombone Collective unter der Leitung von Martijn Sohler, und das magische Lied “Cura Mente” der Schamanin Elisa Vargas Fernández nicht-klassische Akzente setzen.

Faszinierender Spiegel der inneren Welten

Der Drehbuchautor, Produzent und Regisseur Todd Field wollte mit seinem Filmprojekt “TÁR” ergründen, welche emotionalen und psychologischen Aspekte das Musizieren, die Komposition und die Aufführung von Werken beeinflussen und lenken. Es war eine Fragestellung, mit der sich bei “TÁR” das gesamte Team beschäftigt hat und die zu einer Verschmelzung geführt hat von Bild und Ton, Drama und Musik. Das Album spiegelt diese kompromisslose Auseinandersetzung eindrucksvoll wieder und vermittelt einen packenden Einblick in die innere Zerrissenheit der ringenden Hauptfigur.

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