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Benyamin Nuss © Deutsche Grammophon / UMG
© Deutsche Grammophon / UMG
11.06.2010
Videospiele sind gefährlich. Vor allem für angestaubte Musikkonzepte. Was die Generation „PlayStation“ schon immer wusste, lernen jetzt auch deren Eltern: Die spannendste neue Musik ist Klassik aus der Konsole. Ihr wichtigster Komponist heißt Nobuo Uematsu, ihr begnadetster Interpret ist Benyamin Nuss. Jetzt widmet sich der eben 21-jährige, vielfach preisgekrönte Klaviervirtuose der Musik des japanischen Superstars, den das TIME-Magazin kürzlich als einen der 100 musikalischen Innovatoren unserer Zeit erkannte. Komplexe, aber klare Themen und Variationen bestimmen die Solo-Piano-Musik seines Debütalbums für Deutsche Grammophon. Man kann von  „3D in C-Dur“ oder „Klassik 3.0“ sprechen, vor allem aber ist es Musik von tiefster Emotionalität und höchster Qualität – romantisch und lyrisch, episch und spannend.

Die vierzehn Uematsu-Bearbeitungen aus „Final Fantasy“, „Blue Dragon“, „Lost Odyssey“ oder „Rad Racer“ stammen von dem japanischen Anime-Komponisten Shiro Hamaguchi, dem Pierre-Boulez-Wegbegleiter Bill Dobbins, dem russischen Pianisten und Komponisten Alexander Rosenblatt, bei uns vor allem durch Einspielungen von Yo-Yo Ma bekannt, dem finnischen Videospielmusikspezialisten Jonne Valtonen oder auch von Torsten Rasch, geschätzt für japanische Filmmusiken, seinen Rammstein-Liederzyklus und diverse Orchesterarbeiten für die Dresdner Sinfoniker. Dazwischen findet sich als „besonderer Tribut“ außerdem „Nobuo’s Theme“, eine Eigenkomposition von Benyamin Nuss. „Klassiker denken bei Videospielen erst mal an sinnloses Rumgeballer“, sagt er. „Dabei funktioniert „Final Fantasy“ eher wie ein interaktiver Film. Achtzig Stunden lang spielt man seinen Charakter, dabei klärt sich die Handlung nach und nach auf, das Drama und die Emotionen steigern sich – und die Musik zieht einen immer tiefer hinein.“

Der Sohn des WDR-Bigband-Posaunisten Ludwig Nuss wuchs in einem Kölner Vorort auf, mit einer Nintendo-Konsole und der Musik von Johann Sebastian Bach, John Coltrane und Stevie Wonder. Mit 6 bekam er den ersten Klavierunterricht, mit 8 spielte er Bebop, mit 10 entdeckte er Debussy und Ravel für sich. „Anfangs hat es mich fasziniert, wenn ich Jazzharmonien bei diesen Klassikern entdeckt habe“, sagt Benyamin Nuss. „Dann bin ich immer mehr in diese fesselnde und tiefe musikalische Welt eingedrungen. Und weiter zurückgegangen zu Liszt, Haydn oder Beethoven.“

Jetzt, nach zahlreichen ersten Preisen in nationalen und internationalen Wettbewerben, reizt es Benyamin Nuss, sein interpretatorisches Talent zu nutzen, um Gleichaltrige und Gleichgesinnte in die Konzerthallen zu holen – auch mit Videospielmusik, die er als „die logische Fortsetzung der klassischen Meister“ sieht. Begeistert erzählt der Meisterschüler von einem Konzert in der Kölner Philharmonie, bei dem er in Anwesenheit von Nobuo Uematsu einige von dessen Kompositionen zur Aufführung brachte – als Klaviersolist mit dem WDR Rundfunkorchester Köln. „Natürlich war es schön für mich persönlich, dass Uematsu mein Klavierspiel „super“ fand“, meint Benyamin Nuss. „Aber noch berührender war die Atmosphäre im Saal: Hauptsächlich Mädchen und Jungs, die gebannt zuhören und jede Melodie kennen, auf jedes Thema reagieren. Es ist eben doch etwas anderes, in so einem Ambiente diese Emotionen gemeinsam zu erleben, als zuhause alleine vor youtube zu sitzen.“

Ab September bringt Benyamin Nuss seine Uematsu-Interpretationen für Soloklavier in zwanzig große Konzertsäle von der Alten Oper bis in die Berliner Philharmonie. „Eigentlich studiere ich ja noch“, meint er bescheiden. „Momentan erarbeite ich parallel mit meinem Lehrer auch noch ein Schumann-Konzert. Aber spätestens um 20 Uhr macht die Hochschule dicht. Dann gehe ich nach Hause, stelle die Konsole an und spiele „Final Fantasy XIII“.“ Etwa fünfunddreißig Stunden hat er schon geschafft.

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