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Die Fortsetzung der Klassik mit anderen Mitteln

Benyamin Nuss © Deutsche Grammophon / UMG
© Deutsche Grammophon / UMG
04.06.2010
Die klassische Musik war stets ein Multimedium! Keine andere Kunst verkörpert größere Gefühle – und ist deshalb geeigneter, Menschen zu begeistern: in den Kirchen, im Konzertsaal, oder in den Kinos. Seit hunderten von Jahren hat sich die Klassik problemlos neuen politischen und technischen Gegebenheiten angepasst. Inzwischen ist sie sogar im Videospielzeitalter angekommen!

Selbst in der vollends multimedialen Welt bleibt die Urform der Musik die größte emotionale Kraft. Längst haben auch Videospiel-Entwickler von Mozart, Beethoven und Brahms gelernt, dass erst der Klang der künstlichen Welt Gefühle gibt.

Eines der erfolgreichsten Videospiele ist „Final Fantasy VII“. Man könnte auch von einer modernen, großen Oper sprechen. Wie in den Gesamtkunstwerken Richard Wagners steht die Erde vor dem Untergang. Und wie in der „Götterdämmerung“ liegt der Grund dafür im frevelhaften Umgang mit den Ressourcen der Natur. Bei Wagner bemächtigt sich Gott Wotan des Rheingoldes, in „Final Fantasy VII“ bedroht der Engergiekonzeren „Shinra“ den Planeten Gaia durch seine Machenschaften.

Der Unterschied zur Oper ist, dass ein Videospiel Richard Wagners Traum vom Gesamtkunstwerk endlich einlöst. Schon Wagner träumte davon, dass nicht allein Text, Bild und Musik verschmelzen, sondern auch das Publikum und die Bühne. Bei „Final Fantasy“ wird der Videospieler zum Teil der modernen, virtuellen Oper. Durch sein Handeln kann er die Welt vor der Götterdämmerung bewahren. Und dabei begleitet ihn die vielleicht spannendste Musik, die in den letzten Jahren komponiert wurde.

Der Japaner Nobuo Uematsu hat für „Final Fantasy“ mehr als nur Videospielmusik erfunden. Er hat eine Klangwelt mit klassischen Leitmotiven, mit großen Melodien, modernen Effekten und klassischen Harmonien konstruiert. Kein Wunder, dass Uematsu in der Videospielgeneration längst als Musik-Gott gefeiert wird.

Inzwischen entdecken auch klassische Ensembles die Größe der virtuellen musikalischen Welt. Uematsus Werke werden längst in den Philharmonien von Tokio bis Köln aufgeführt.

Der Pianist Benyamin Nuss gehört zur Generation „Final Fantasy“. Er wurde 1989 in Bergisch Gladbach geboren und steht derzeit mitten in einer erfolgreichen Klavier-Karriere. Nuss hat erste Preise bei Klavierwettbewerben in Hamburg, Bochum und den Niederlanden gewonnen und wurde mit dem Beethoven Bonnensis Preis der Stadt Bonn ausgezeichnet.

„Ich bin mit Videospielen groß geworden“, sagt der junge Musiker, „mein Vater besaß schon früh die erste Generation der Nintendo Konsole. Mir ist besonders die Musik der Spiele im Gedächtnis geblieben – weil sie den Charakteren psychologische Tiefe gibt. Und spätestens als ich mich intensiv mit dem Klavierspielen beschäftigt habe, war mir klar, dass die Musik der Computerspiele die logische Fortsetzung der klassischen Meister ist.“

Für Benyamin Nuss, dessen Vater Jazz-Musiker ist, gibt es keine Grenzen in der Musik. Für ihn kann jede Musik klassisch sein – sie muss nur gut sein. Und deshalb gehört für Benyamin Nuss Nobuo Uematsus Musik längst zu den Klassikern der Musikgeschichte. Nun will er den Werken des japanischen Tonkünstlers mit den Mitteln der Klassik auf den Grund gehen.

Für sein Debütalbum hat Benyamin Nuss einige der renommiertesten Komponisten gebeten, die Highlights der Videospielmusik von Nobuo Uematsu für ihn zu bearbeiten. Unter anderen suchen der japanische Animekomponist Shiro Hamaguchi, der russische Tonsetzer Alexander Rosenblatt, der besonders gern für den Cellisten Yoyo Ma schreibt, der Pierre-Boulez-Wegbegleiter Bill Dobbins, der Pianist Francesco Tristano (Schlimé) – gefeiert in der Klassik- und Elektroszene und der Filmmusiker Torsten Rasch, für Benyamin Nuss die musikalischen Tiefen der Videospielmusik. Ihre Ergebnisse wird der junge Pianist am Flügel interpretieren und aufnehmen.

„Ich bin sicher, dass dieses Experiment zeigt, dass die Videospielmusik eine Fortsetzung der Klassik mit anderen Mitteln ist. Und ich bin froh, dass so viele renommierte Komponisten an diesem Projekt teilnehmen, in dem es darum geht, der Emotionalität und die Tiefe der Musik auf den Grund zu gehen“.

Benyamin Nuss, der übrigens ein exzellenter Interpret des Impressionismus von Debussy und Ravel und der Romantik von Liszt- und Schubert ist, hat sich für sein Debütalbum mit voller Absicht für Videospielmusik entschieden: „Ich glaube, dass es wichtig ist, den Begriff der Klassik zu erweitern und hoffe, die unterschiedlichen Generationen durch diese CD näher zueinander zu bringen. Im Idealfall erreichen wir viele junge Menschen für die Welt der Klassik und öffnen vielen Klassik-Liebhabern eine ganz neue Welt großartiger Musik.

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