Andris Nelsons | News | Das Orchesterwerk von Strauß – interpretiert hier und diesseits des Atlantiks

Das Orchesterwerk von Strauß – interpretiert hier und diesseits des Atlantiks

Andris Nelsons
© Marco Borggreve
12.05.2022
Da ist ein legendärer Komponist, da ist ein Star-Dirigent und da sind zwei Weltklasseorchester: die siebenteilige Edition Strauss Orchestral Works” bei Deutsche Grammophon ist ein musikalisches Mammutprojekt und fasziniert durch die packende Allianz zweier Klangkörper. Vor wenigen Tagen ist das umfassende Projekt beim Gelblabel erschienen und beinhaltet Einspielungen der großen Orchesterwerke Strauss‘ durch das Gewandhausorchester Leipzig sowie das Boston Symphony Orchestra, wobei neben den Tondichtungen auch konzertante Werke und orchestrale Opernausschnitte zu erleben sind. Als digitale Veröffentlichung sind die Strauss-Werke zudem weltweit erstmals im immersiven Audioformat Dolby Atmos erhältlich.

Vorläufiger Höhepunkt einer einzigartigen Orchester-Kooperation

Die neue Edition ist ein Meilenstein und der vorläufige Höhepunkt in der intensiven Partnerschaft des Gewandhausorchesters Leipzig und des Boston Symphony Orchestras. “Die Partnerschaft ist für mich ein wahr gewordener Traum”, sagt Nelsons, der diese Allianz 2018 initiiert hat, und bislang ist sie in der internationalen Orchesterlandschaft einzigartig. So wurden bereits gemeinsame Kompositionsaufträge vergeben, gab es einen Austausch der Musiker und Musikerinnen und fanden immer wieder programmatisch aufeinander abgestimmte Festivals sowie gemeinsame Tourneeprojekte statt. Im Rahmen des Aufnahme-Projekts für die Deutsche Grammophon haben sich die Ensembles nun einer gemeinsamen Werkschau gewidmet und das orchestrale Oeuvre von Richard Strauss intensiv durchleuchtet und neu interpretiert. Besonders faszinierend ist hierbei, dass der Komponist selbst tatsächlich zu beiden Klangkörpern persönliche Kontakte hatte – das Boston Symphony Orchestra dirigierte er genau einmal, während er bei fünf Konzerten und acht Opernaufführungen am Pult des Gewandhausorchesters stand.

Facettenreiches Programm mit historischen Bezügen

Auf der Edition findet sich ein umfangreiches und vielgestaltiges Repertoire wieder, das sowohl Tondichtungen des Komponisten als auch konzertante Werke und orchestrale Opernausschnitte umfasst. Andris Nelsons schätzt dabei die “enorme emotionale Bandbreite” der Musik von Strauss, “ihre außergewöhnlichen erzählerischen Qualitäten und ihr unbestreitbarer Stellenwert für die Fortentwicklung der klassischen Musik”. Dabei fasziniere Strauss mit einer “Fülle an Stimmungen und Klangfarben” und beeindruckender “orchestraler Brillanz” und sei dabei oft auch sehr humorvoll.
Bei der Frage nach der Besetzung der jeweiligen Stücke und der Verteilung auf die beiden Orchester spielten die historischen Bezüge eine Rolle, wie Nelsons berichtet. So ist etwa die Aufnahme des “Don Quixote” mit den Bostoner Musikern und Yo-Yo Ma eine Reverenz an Strauss eigene Aufführung des Werkes in Boston, ebenso wie die Einspielung der “Liebesszene” aus seiner Oper “Feuersnot”. Zudem hat der amerikanische Klangkörper unter anderem die “Sinfonia domestica” eingespielt. Bei den Leipziger Aufnahmen beziehen sich wiederum “Salomes Tanz” und die “Rosenkavalier-Suite” auf die Operntradition des Gewandhausorchesters. Außerdem ist die Burleske” zu erleben, eindringlich interpretiert von Yuja Wang, sowie die späten “Metamorphosen”. Ein besonderer Glanzpunkt der Edition ist schließlich die einzige gemeinsame Aufnahme der beiden Orchester zusammen mit dem Organisten Olivier Latry und ihre mitreißende Interpretation des “Festlichen Präludiums von Strauss.

Beeindruckendes Orchester-Erlebnis

Der Reiz der Edition liegt neben dem facettenreichen Werk Strauss in der äußerst gelungenen Fusion und Partnerschaft der beiden Orchester, die jedes für sich mit einer einzigartigen Tradition und fantastischen Klangkultur in den Bann ziehen und bei der Interpretation der verschiedenen Stücke ihre ganz besonderen Qualitäten offenbaren. Transparent, farbenreich und ungemein lebendig dargeboten, bietet sich dem Hörer so eine faszinierende Werkschau, die eine musikalische Brücke quer über den Atlantik schlägt. Digital sind die Aufnahmen auch in Dolby-Atmos Qualität erhältlich als immersives Hörerlebnis.