Andreas Scholl | News | Ein Brief aus New York

Ein Brief aus New York

30.05.2001
Schreiben auch Künstler Urlaubsbriefe? Aber ja. Andreas Scholl – derzeit in New York, um ein neues Album aufzunehmen – gönnte sich einige freie Tage, sah sich die Metropole an und schrieb einen “Urlaubsbrief” samt Foto an Decca…
Hallo Ihr Lieben,
 
dies' ist mein vierter Tag in New York und ich dachte mir, dass ich Euch eben kurz den Stand der Dinge meines Besuches hier zu kommen lasse. Wie Ihr wahrscheinlich schon wisst bin ich in New York um ein Folksong Album mit dem Orpheus Chamber Orchester aufzunehmen. Da Studioaufnahmen hundertprozentige Konzentration und körperliche Fitness verlangen, habe ich mich entschieden schon eine Woche vor der Arbeit anzureisen, um mich vom Jet Lag zu erholen. Diese Woche habe ich ein paar Treffen mit Leuten von Universal Music in New York, Interviews mit Journalisten und einige Arbeitsitzungen mit Craig Leon, dem Produzenten dieses Albums. Glücklicherweise ist das ein sehr überschaulicher Terminkalender, und so habe ich genügend Zeit, mir New York anzusehen. Ich war zwar schon mal hier, aber da ich mich damals auf Konzertreise befand, hatte ich nie mehr als einen Tag übrig für Sightseeing. Mein erster Spaziergang führte mich direkt zum “Sam Ash Music Store”, den ich von vorigen Besuchen her kannte. Ich habe ein Aufnahmestudio zu hause in Basel und daher komm' ich mir beim Einkaufen von Studio Soft – und Hardware vor wie ein großer Junge, der sein Spielzeug kauft. Ich habe ein Channelstrip PlugIn für mein “Digitale Performer” HD-Aufnahme System und meinen Software Sampler “Unity DS” gekauft. (Nur zu Info für die tausende von Lesern, die das interessiert…!)
 
Bei meinem Besuch des Universal Classic Büros am Dienstag habe ich erfahren, dass Renée Fleming und Jean Yves Thibaudet eine Autogrammstunde im HMV Plattengeschäft in der 7th Avenue geben, zu der ich hingegangen bin, um sie zu sehen. Jean Yves habe ich letztes Jahr in San Francisco kennengelernt und dort hatte ich die Möglichkeit, ihn mit dem San Francisco Symphony Orchestra und Iván Fischer zu hören. Ich kann Euch wirklich sagen, dass das ein wunderbares Konzert war und Jean Yves ist sicherlich mein Lieblingspianist. Es war ziemlich aufregend, Renée Fleming das erste Mal zu begegnen. Ich kannte sie bisher nur von ihren Aufnahmen. Es war eine wirkliche Freude, sie kennenzulernen und ich kann nur bestätigen: sie ist nicht nur eine großartige Sängerin, sondern auch eine liebenswerte und charmante Persönlichkeit. Ich habe bei dieser Gelegenheit auch Photos gemacht. Die beiden haben ihr neues Decca Album “Night Songs” vorgestellt und ich habe natürlich ein Exemplar mitgenommen.
 
Mittwoch Abend war ich zu einer Vorführung des Films “Bride of the wind” eingeladen, ein interessanter Film über das Leben von Alma Mahler. Renée Fleming singt die Lieder von Alma Mahler auf dem Soundtrack und erscheint am Ende des Films, wie sie eines der Lieder singt. Vielleicht beginnt damit für sie jetzt ein Leben als Filmschauspielerin? Jetzt muss ich zum Mittagessen gehen, aber ich werde Euch noch einen weiteren Bericht schicken, bevor wir in die Studios gehen und mit den Aufnahmen beginnen. Denn so kriegt Ihr die Möglichkeit dem Prozess der Herstellung einer CD mit einigen wirklichen “Insider” Informationen zu folgen.
 
Tschüß und bis bald, Andreas

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