András Schiff | News | Noble Klanggemälde – András Schiff legt Beethoven-Zyklus vor

Noble Klanggemälde – András Schiff legt Beethoven-Zyklus vor

András Schiff
Nadia F. Romanini / ECM
23.11.2016
András Schiff ist ein Liebhaber musikalischer Details. Seine Arbeit an den Feinheiten der Klavierkunst kennt im Grunde keine Grenzen. Klavierspielen, das ist für den ungarischstämmigen Pianisten, der nicht nur als Musiker, sondern auch als Person eine überaus dezente Erscheinung ist, lebenslanges Lernen. Es hört nie auf. Überall in der Klavierliteratur kann Neues entdeckt werden, selbst in Stücken, die man schon jahrelang gespielt hat. Oft erschließt sich ein Werk überhaupt erst nach Jahrzehnten intensiver Beschäftigung.
Der Moment lässt sich nicht bestimmen. Die Einsichten kommen beiläufig. Doch wenn es einen Pianisten gibt, der für überraschende Nuancen bei vielgespielten Komponisten gut ist, dann ist es András Schiff. Der 1953 in Budapest geborene Ausnahmemusiker arbeitet gern über längere Zeiträume an einem einzigen Komponisten. Jeden Morgen spielt er zum Beispiel Bach, und sein archäologischer Forschergeist stößt dabei immer wieder auf neue, bedeutsame Klangschichten.

Das sinnhafte Ganze – Pianistische Tugenden von András Schiff

András Schiff ist ein geistvoller, mit stupender Intelligenz ausgestatteter Musiker, der viel über die Kunst nachdenkt. Aber er ist auch – und das im besten Sinne des Wortes – mit kindlicher Neugierde gesegnet. Diese Mischung aus unbefangener Entdeckerfreude, lebenslanger Treue zu seinen Komponisten und intellektueller Umsicht ermöglicht ihm eine besondere Nähe zu schöpferischen Größen wie Bach oder Beethoven. Man hat das Gefühl: Er agiert mit ihnen auf Augenhöhe und vollzieht den Kompositionsprozess in seinem Spiel noch einmal detailliert nach.
Dabei erhellt er Schritt für Schritt die Struktur einer Komposition und nimmt die Hörerinnen und Hörer dazu sacht an die Hand. Ohne jeden pädagogischen Gestus offenbart er ihnen das sinnhafte Ganze eines Werkes. Das geschieht elegant, mit behutsamer Akribie und hat sich bei Bach stets glänzend bewährt. Aber wie seine ECM-Ausgabe mit sämtlichen Klaviersonaten Ludwig van Beethovens jetzt zeigt, eignen sich Schiffs pianistische Tugenden auch, um das Werk des Wiener Klassikers in moderner Gestalt, ebenso souverän wie gefühlvoll erklingen zu lassen.

Alle Klaviersonaten von Beethoven – Bonus-CD mit Zugaben

Was an Schiffs Beethoven-Spiel besticht, ist die harmonische Transparenz. Es ist, als ob man die kühnen Neuerungen des romantischen Komponisten zum ersten Mal so glasklar hört. Schiff zeichnet die orchestral anmutende Farbenpracht der Klaviersonaten präzise nach, und das Erstaunliche daran ist: Die Genauigkeit seines Spiels geht nicht auf Kosten der Leidenschaft. Schiff weiß Intelligenz und Gefühl, Technik und Poesie geschickt zu verbinden.
“András Schiff: Ludwig van Beethoven – Sämtliche Klaviersonaten” umfasst 11 CDs und enthält alle 32 Klaviersonaten Ludwig van Beethovens. Bei den Aufnahmen handelt es sich um Live-Mitschnitte aus der Tonhalle Zürich, deren ausgewogene Akustik dem wohlproportionierten Spiel András Schiffs entgegenkommt. Als Bonus bietet die Edition eine CD mit Zugaben, die András Schiff bei seinen Beethoven-Recitals spielte.
András Schiff: Encores after Beethoven” liegt der Edition bei, kann aber auch einzeln erworben werden. Das Album vereint Werke von Bach, Haydn, Mozart, Beethoven und Schubert. “Für mich war es essenziell”, so Schiff über die Auswahl, “nicht auf Unterhaltung auszugehen, sondern nach Stücken zu suchen, die zu den zuvor gehörten Sonaten in enger Beziehung stehen.” Damit offenbart der Pianist sehr persönlich, welche Klavierliteratur er atmosphärisch im Umkreis von Beethovens Klaviersonaten ansiedelt.
Einen tiefen Einblick in die Künstlerpersönlichkeit András Schiffs gewährt das umfangreiche Booklet der Edition. Die darin abgedruckten Gespräche zwischen Martin Meyer und András Schiff sind von ähnlich schillerndem Esprit wie der berühmte Dialog zwischen Glenn Gould und Bruno Monsaingeon. Etliche Fotos des Pianisten, zwei Essays aus seiner eigenen Feder sowie ein Beitrag von Martin Meyer runden die Edition gelungen ab.
 

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