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Zwischen den Welten – Avi Avitals “Between Worlds”

Avi Avital
© Jean-Baptiste Millot / DG
16.01.2014
Echten Mandoline-Unterricht erhielt Avi Avital, der heute wohl aufregendste Mandolinist der Welt, überraschend spät. Schon als Kind sammelte er Spielpraxis im Jugend-Mandolinen-Orchester seiner israelischen Heimatstadt Be’er Scheva. Doch dessen Leiter war Geiger und machte die jungen Musiker mit Geigenrepertoire vertraut. Erst während seines Studiums bei der italienischen Koryphäe Ugo Orlandi kam Avi Avital in Berührung mit der traditionellen Spieltechnik und originärer Literatur für die Mandoline. Doch schnell erkannte er, dass die Komponisten der Vergangenheit seinem Instrument nicht viel zugetraut hatten. Aus dem Mangel entwickelte Avi Avital eine Tugend. “Mein Ziel ist es, die Mandoline und ihr Repertoire weiterzuentwickeln und neu zu definieren”, sagt er.
Neue Musik für die Mandoline
So gab er 2006 Avner Dormans Mandolinenkonzert in Auftrag, für dessen Einspielung mit Andrew Cyr und dem Metropolis Ensemble er als erster Mandolinenspieler überhaupt für einen Grammy nominiert wurde. Sergei Abirs Doppelkonzert für Mandoline und Klarinette entstand ebenfalls im Auftrag Avitals. Für seine erste Aufnahme als Exklusivkünstler der Deutschen Grammophon spielte er eigene Arrangements von Bach-Konzerten für Cembalo und Geige. David Bruce komponierte sein Werk “Cymbeline” für Mandoline und Streichquartettspeziell für Avi Avital. Gemeinsam mit Yo-Yo Mas Silk Road Workshop stellte der Mandolinist es 2013 im Konzert vor.
Aufbruchstimmung
Am Ausgangspunkt für sein neues Album “Between Worlds” stand für Avi Avital die Frage nach der Bedeutung der Mandoline in unserer Zeit. “Die Mandoline wird heute hauptsächlich als Instrument der Folklore wahrgenommen”, stellt er fest. “Ähnlich der russischen Balalaika und der griechischen Bouzouki hat die Mandoline eine gemischte Identität irgendwo zwischen klassischer und populärer Musik. Diese Wahrnehmung war der Ausgangspunkt, mit dem ich spielen wollte.”
Den Weg wiesen ihm Komponisten, die der klassischen Musik zu Beginn des 20. Jahrhunderts ganz neue Impulse gaben, indem sie Volksmusik neu entdeckten und mit ihrer Kunstmusik verschmolzen. “Als Bartók von Dorf zu Dorf zog, um von alten Leuten Volkstänze zu sammeln, war das eine Revolution”, sagt Avital. “Es schien mir an der Zeit, jenes Gefühl wiederzubeleben, das klassische Komponisten Anfang des 20. Jahrhunderts hatten, als sie rausfanden, dass es ja noch so viel mehr Formen von traditioneller Musik gibt als die Klassik selbst.”
Leidenschaftlicher Dialog der Kulturen
Mit “Between Worlds” entstand eine Hommage an die Abenteuerlust und die Verbindung von Klassik und Folklore, für die alle Komponisten dieses Albums auf ihre Weise stehen. Heitor Villa-Lobos mit seinen “Bachianas Brasilerias”, einer Fusion von brasilianischer und Barockmusik. Astor Piazzolla mit “Fuga y mesterio”, einer leidenschaftlichen Verbindung von klassischer Fuge und Tango. Ernest Bloch mit den “Bildern aus dem chassidischen Leben”, einem Bekenntnis zur seiner jüdischen Herkunft, und Antonín Dvorák, der in seinem Amerikanischen Streichquartett afro-amerikanische und slawische Musik verwebt.
“Vertraut und fremd, volkstümlich und klassisch: Die Mandoline ist ein musikalisches Chamäleon und Reiseveteran – und sie ist eine Stimme, die all die verschiedenen Stücke auf diesem Album miteinander verbindet, gleich, ob sie in einer Klezmerband oder einem Kammerensemble erklingt”, erklärt Avi Avital. Seine Gastmusiker, der französische Jazz-Akkordeonist Richard Galliano, der israelische Klezmer-Klarinettist Giora Feidman, die walisische Harfenistin Catrin Finch und der israelische Perkussionist Itamar Doari haben ihre je eigene, ganz unterschiedliche musikalische und kulturelle Herkunft. Auf “Between Worlds” sprechen sie eine gemeinsame Sprache. Es ist eine Freude, ihrem leidenschaftlichen Dialog zu lauschen.

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