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Yuja Wang: Mendelssohn-Spielerin par excellence

Yuja Wang & Kurt Masur
© Aline Paley
26.04.2022
Die zahlreichen Studioaufnahmen Yuja Wangs für Deutsche Grammophon sind klingender Beleg ihrer außerordentlichen virtuosen, technischen Fähigkeiten, ihrer Musikalität und ihres breiten Repertoires. Das Konzert auf dem 16. Verbier Festival 2009 mit dem Festival-Orchester unter der Leitung des Mendelssohn-Spezialisten Kurt Masur sowie einem All-Star-Ensemble von Kirill Troussov (Geige), David Aaron Carpenter und Maxim Rysanov (Bratsche), Sol Gabetta (Cello) und Leigh Mesh (Bass) weist sie darüber hinaus auch als Mendelssohn-Spielerin par excellence aus. Ihr überbordendes Musizieren, ob mit Orchester oder in Kammermusikbesetzung vor Publikum – das ist Live-Musik im besten Sinne des Wortes, jetzt als zweite Veröffentlichung des neuen Labels Verbier Festival Gold erschienen.

Konzert für Virtuosen

Kaum ein Stück scheint für Yuja Wang geeigneter als das g-Moll-Klavierkonzert op. 25. Im Gegensatz zu früheren Jugendwerken, die Mendelssohn gar nicht erst herausgab, weil sie seinem kritischen Blick nicht standhielten, etwa das Klavierkonzert in a-Moll, das er mit Zwölf komponiert hatte, hielt er das g-Moll Konzert einer Veröffentlichung wert. Uraufgeführt wurde es am 17. Oktober 1831 in München. Bereits der junge Mendelssohn erregte, wohin er auch kam, Aufmerksamkeit als Klaviervirtuose. Dem trägt sein g-Moll-Konzert in jeder Beziehung Rechnung. Schon der Beginn des 1. Satzes markiert den Grad der Herausforderung an die Solistin: Nach der siebtaktigen fiebrigen Einleitung durch das Orchester entlädt sich in rasanten Kaskaden und mit ungeheurer Wucht der Beginn des schwierigen Parts, der dem Soloklavier zugedacht ist. Mendelssohn lässt, dem Beispiel Carl Maria von Webers folgend, die drei Sätze seines Konzerts ohne Pause ineinander übergehen. 
Das Spiel Yuja Wangs, sicher gebettet in die Begleitung Masurs, hebt mit großer Dynamik die so sichtbar werdenden Kontraste besonders wirkungsvoll hervor. Etwa beim Übergang zum 2. Satz, eingeleitet durch das Hörner- und Trompetensignal, das zunächst im Forte, dann wiederholend im Decrescendo schließlich im Piano ertönt und dem perlenden, beinahe streichelnden Spiel Yuja Wangs im Andante den Weg bereitet. Größer kann der Kontrast zum ersten Satz kaum sein, und erst recht nicht zum Finalsatz. Hier wird – wiederum durch Hörner und Trompete – das Presto, angekündigt. Und mit atemberaubender Verve fegt Yuya Wang durch das Rondo, in einem Tempo, von dem der Komponist selbst sagte, es müsse so rasch gespielt werden, dass die Noten “…gerade noch wahrnehmbar” seien.  

Ein Miniaturkonzert für Klavier

Wie sehr Yuja Wang es genießt, gemeinsam mit anderen Musikerinnen und Musikern in der Öffentlichkeit aufzutreten und ihre Freude am Musizieren mit dem Publikum zu teilen, macht auch Mendelssohns Klaviersextett in D-Dur op. 110 deutlich. Die hohe Opuszahl ist irreführend – dieses herrliche Stück entstand im Mai 1824 und wurde erst 1868 uraufgeführt. Zu jener Zeit experimentierte der 15-jährige Mendelssohn bereits mit der Gattung Solokonzert. Der Mendelssohn Biograf Eric Werner spricht bei Mendelssohns Klaviersextett op. 25 gar von einem “Miniatur-Konzert für Klavier, dem die fünf Instrumente gegenübergestellt sind.”
Mit Kirill Troussov, David Aaron Carpenter, Maxim Rysanov, Sol Gabetta und Leigh Mesh sitzen Yuja Wang auf dem Podium hochkarätige Musikanten gegenüber, die den Eindruck des “nur Begleitens” vergessen machen. Und, mehr als das, zauberten sie gemeinsam mit Yuja Wang dem Publikum in Verbier ein Lächeln ins Gesicht – dem Hörer des Albums dürfte Gleiches widerfahren.

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