Sergiu Celibidache | News | Musik ist nichts. Klang ist alles: Celibidaches bedeutende Bruckner-Interpretation

Musik ist nichts. Klang ist alles: Celibidaches bedeutende Bruckner-Interpretation

14.02.2001
Neues vom alten Klangzauberer. Mit der vierten Veröffentlichung der “Celibidache Edition” stößt die Deutsche Grammophon zu einem Kernrepertoire des Dirigenten vor: drei große Symphonien von Anton Bruckner.
Am 8. Juni 1971 feierte das SWR Radio-Sinfonieorchester Stuttgart sein 25-jähriges Bestehen. Unter seinem ersten Chefdirigenten Hans Müller-Kray hatte es sich in den Fünfziger und Sechzigerjahren zu einem international beachteten Klangkörper entwickelt, der mit Dirigenten wie Wilhelm Furtwängler, Sir Georg Solti, Ferenc Fricsay, Erich Leinsdorf und Carlos Kleiber zusammenarbeitete. Doch seit 1969 war die Position des Chefdirigenten verwaist. Der Termin für das Festkonzert stand fest – völlig offen jedoch war, wer es dirigieren sollte. Im Orchester erinnerte man sich an einen jungen Dirigenten, der in den ersten Nachkriegsjahren am Pult der Berliner Philharmoniker für Aufsehen gesorgt hatte: Sergiu Celibidache. Das Orchester schlug für das Festkonzert ein Programm mit Hindemiths Symphonie “Mathis der Maler” und Bruckners Siebter Symphonie vor – und erfüllte damit nichts ahnend einen tiefen Wunsch Celibidaches: Anton Bruckner mit einem Klangkörper in deutscher Orchestertradition zu dirigieren. Schon mit Beginn der Proben wurde das Außergewöhnliche spürbar. Man stimulierte sich gegenseitig, und die wachsende Vertrautheit mit den Musikern animierte Celibidache, in einzigartiger Weise aus sich herauszugehen. Was sich in den Proben andeutete, erfüllte sich in einem herausragenden, wunderbaren Konzert: Celibidache erwies sich an diesem Abend im Juni 1971 als einer der bedeutendsten Bruckner-Dirigenten unserer Zeit.
 
Bis zur vierten Veröffentlichung mussten alle Bruckner- und Celi-Fans warten, doch es hat sich gelohnt: Jetzt liegen nicht nur die drei großen Symphonien Nr. 7, Nr. 8 und Nr. 9 von Anton Bruckner mit Sergiu Celibidache vor, die jetzt alle auch einzeln erhältlich sind. Nein, die Siebte ist in genau jener Aufnahme vom 8. Juni 1971 zu hören, die die jahrelange, feste Zusammenarbeit des Dirigenten mit dem SWR Radio- Sinfonieorchester Stuttgart begründete. Und als wäre dieses Ereignis weiter zu steigern, werden die 4 CDs mit Bruckners Symphonien – die Achte übrigens gekoppelt mit einer sehr leidenschaftlichen Interpretation von Schuberts fünfter Symphonie in kleiner, Haydn’scher Orchesterbesetzung – durch eine Extra-CD mit Bändern aus der Probenarbeit zur Siebten und Achten ergänzt. Das sind Aufnahmen, die in einmaliger Weise Celibidaches Arbeit mit dem Orchester nachvollziehen lassen. Als im Herbst ’99 Celibidaches Einspielungen mit Strauss und Respighi erschienen, schrieb “Gramophone”: “Celibidaches Interpretationen sind nach wie vor in beeindruckender Weise erhellend. Sie haben ihre gesamte Kraft behalten – um zu inspirieren oder wütend zu machen, um zu verführen oder herauszufordern. Und am wichtigsten: Sie bringen einen dazu, zuzuhören. Mehr kann man von einer Aufnahme wirklich nicht verlangen.” Doch, man kann: Tondokumente, die das Entstehen des Außerordentlichen miterleben lassen. Die Deutsche Grammophon hat sie auf die Bonus-CD gepackt.

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