Sie haben sich ein bisschen Zeit gelassen, bis sie sich die traditionsreichen Werke aus der Feder von Johann Sebastian Bach vorgenommen haben. Dass die Zeit nun reif war, beweist das aktuelle Album der talentierten niederländischen Brüder. Begleitet von der Amsterdam Sinfonietta haben Lucas und Arthur Jussen für das gelbe Label jüngst die beiden Klavierkonzerte BWV 1060 und 1061 sowie sechs Choralvorspiele für zwei Klaviere bzw. zu vier Händen eingespielt und stellen dabei an den Tasten ein tiefes intuitives Verständnis für den Spagat zwischen versierter historischer Aufführungspraxis und moderner Interpretation unter Beweis.
Die ausgewählten Werke spannen einen Bogen durch Bachs Klavierrepertoire und geben interessante Einblicke in die unterschiedlichen Entstehungszusammenhänge. Während dem Konzert in c-Moll BWV 1060 ein Konzert für Violine und Oboe zugrunde liegt, hat Bach sein Konzert in C-Dur BWV 1061 zunächst wohl für zwei Cembali alleine konzipiert, denn die Orchesterbegleitung ist sehr viel sparsamer gestaltet. Die anderen Werke ohne Orchester stammen ursprünglich unter anderem aus Bachs Orgelbüchlein, in dem er zwischen 1712 bis 1717 Orgelstücke festgehalten hat und aus dem dritten Teil seiner Clavierübung, mit der er 1739 unter anderem Choralbearbeitungen veröffentlichte. Kein geringerer als der ungarisch-französische Komponist György Kurtág hat die Werke für Klavier bearbeitet und sie bereits mit seiner Frau gemeinsam eingespielt, so auch die Sonatina aus der geistlichen Kantate “Gottes Zeit ist die allerbeste Zeit”, Bachs Actus tragicus. Mit “Schafe können sicher weiden” aus der weltlichen Kantate “Was mir nur behagt ist die muntre Jagd” in einer Bearbeitung von Mary Howe und “Jesu bleibet meine Freude” aus der Kantate “Herz und Mund und Tat und Leben”, das die britische Pianistin Myra Hess für zwei Klaviere arrangiert hat und das die Brüder als einzige Liveaufnahme mit auf das Album genommen haben, wird das klangliche Spektrum noch um weitere Facetten bereichert.
Man kann in den Aufnahmen spüren, dass die beiden jungen Pianisten intensiv in Bachs musikalischen Kosmos eingetaucht sind und sich seine Handschrift zu eigen gemacht haben, bevor sie ins Studio gegangen sind. Ihre Einspielungen haben eine natürliche Leuchtkraft und setzen nicht auf große Effekte, sondern auf die authentische Magie, die in Bachs Kompositionen steckt. In den Werken zu vier Händen, die sie mal an einem Instrument und mal an zwei Flügeln spielen, fließen die Stimmen so mühelos ineinander, dass man den Eindruck bekommt, Lucas und Arthur Jussen sind telepathisch miteinander verbunden. Das überträgt sich auch auf ihr Zusammenspiel mit der Amsterdam Sinfonietta, die als bekanntermaßen hochsensibles Kammerensemble in den Konzerten BWV 1060 und 1061 die musikalische Symbiose wunderbar ergänzt.