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Hörbilder und Impressionen – Julia Fischers Album „Poème“

Julia Fischer © Decca / Uwe Arens
© Decca / Uwe Arens
14.04.2011
Am Anfang stand der Dirigent Giuseppe Sinopoli. Er regte Julia Fischer vor mehr als einem Jahrzehnt dazu an, mit Blick auf eine Aufnahme doch einmal Ottorino Respighis „Poema Autunnale“ einzustudieren. Doch dann starb der Maestro überraschend im April 2001 und die Idee konnte nicht mehr umgesetzt werden. Allerdings behielt die Geigerin das Werk in ihrem Repertoire und als es daran ging, ein CD-Programm mit außergewöhnlichen Stücken zu konzipieren, die seltener als andere auf Bühne oder Tonträger zu hören sind, erinnerte sie sich auch an Respighi und kombinierte das Stück mit der „Fantasie“ von Josef Suk, dem „Poème“ von Ernest Chausson und „The Lark Ascending“ von Ralph Vaughan Williams. „Es ging uns um Stücke, die sich ähnlich sind und mehr oder weniger aus der selben Zeit stammen“, erläutert Julia Fischer die Auswahl. „Diese vier Werke passen insgesamt gut zusammen. Die Suk-'Fantasie' könnte fast ein Violinkonzert sein, sie ist mit ihren 25 Minuten sogar länger als ein Glasunov-Konzert. […] Suk habe ich ein paarmal gespielt, und Respighi haben wir vor der Aufnahme auch aufgeführt. ‘The Lark Ascending’ habe ich noch nicht im Konzertsaal gegeben, würde es aber gerne tun. […] Ich meine, das Repertoire ist geschrumpft, wenn man sich ansieht, was Jascha Heifetz oder David Oistrach für Konzerte gespielt haben“.

Mit dem Album „Poème“ öffnet Julia Fischer die Wahrnehmung in Richtung eines im Kern impressionistischen Repertoires, das faszinierende Farben und Höreindrücke vermittelt. Ihr selbst sind die Stücke zum Teil von Kindesbeinen an vertraut, mit allen Herausforderungen der Interpretation. „Die Stücke von Respighi und Suk sind zweifellos wunderschön für die Violine geschrieben, aber ich möchte auch hervorheben, dass es beiden gelungen ist, Solist und Orchester optimal aufeinander abzustimmen. Bei Chausson hat man gelegentlich im Konzertsaal Probleme mit der Ausgewogenheit. Im Studio ist es da viel einfacher“. Besonders, wenn man ein vitales und begeistertes Orchester wie das Orchestre Philharmonique de Monte-Carlo an seiner Seite hat: „Es ist fantastisch, dass das Orchester sehr gute Solisten besitzt“, meint Julia Fischer im Hinblick auf die Aufnahmearbeit, „ aber sie hören sich auch gegenseitig zu – wenn jemand ein großes Solo hat, dann sind die anderen auf ihn eingestimmt und unterstützen ihn. Das ist wie Kammermusik“.

Dieses intuitive und kreative Verhältnis lag auch an der sensiblen Dirigierkunst von Maestro Yakov Kreizberg, der das mediterrane Orchester perfekt auf Julia Fischers Geigenkunst abstimmte und mit seiner Umsicht und Erfahrung zu besonderer Intensität inspirierte. Wenige Monate nach dem Studiotermin starb Kreizberg im März 2011 an den Folgen seines Krebsleidens, der einzige Wermutstropfen dieser Aufnahme. So wurde „Poème“ nicht nur zu einer künstlerischen Perspektive mit großartiger Musik an der Schwelle zur Moderne, sondern gleichzeitig zu einem Vermächtnis eines Dirigenten, der noch eine große künstlerische Zukunft gehabt hätte.

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