Il Giardino Armonico | News | Die Klage als Kunstform

Die Klage als Kunstform

Il Giardino Armonico
Decca / David Ellis
08.04.2009
Spricht man heute von Lamento, meint man zumeist sehr allgemein und ein wenig bildungssprachlich ein Gejammer. Die Musikgeschichte jedoch kennt das Lamento in klarer Form als eigene Gattung seit dem ausgehenden Mittelalter bis hinein in die Opern und Oratorien der Neuzeit. Der Dirigent und Spezialist für barocke Klanggestaltung Giovanni Antonini hat sich gemeinsam mit seinem Ensemble Il Giardino Armonico dieser speziellen Gattung angenommen und daraus ein kontemplatives und spirituelles Programm zur Osterzeit zusammengestellt, das unter dem Titel „Il Pianto di Maria – The Virgin’s Lament“ den Bogen von Claudio Monteverdi über Antonio Vivaldi bis Giovanni Battista  Ferrandini spannt.

Klagegesänge gehören in nahezu jeder Kultur zu den Ritualen der Trauer und des Umgangs mit dem Tod. Die christliche Tradition kennt derartige Lamenti vor allem im Umkreis der Karwoche, wenn Maria den Tod ihres Sohnes beweint. In der Musikgeschichte gibt es erste Verweise auf eine tatsächliche Gattung des Klagegesangs mit dem „Lamento di Tristano“ aus dem 13.Jahrhundert. Vor allem aber seit dem 16.Jahrhundert finden sich Kompositionen wie etwa die Madrigale zu Texten aus Ludovico Ariostos „Orlando Furioso“, die als Lamento bezeichnet wurden. Berühmtes Beispiel der Folgejahre ist Claudio Monteverdis „Lamento D’Arianna“ von 1608, das als einziges Stück der Oper „Arianna“ überliefert wurde und darüber hinaus als „contrafactum“, also geistliche Neuvertextung eine ursprünglich weltlichen Originals, unter dem Titel „Pianto della Madonna“ erhalten ist. In den kirchlichen Traditionen des 17. und 18.Jahrhunderts, ebenso wie in Opernvorlagen jener Epoche findet sich schließlich eine klar geregelte Form, die zumeist auf chromatisch abwärts laufenden Quartgängen basierte und einen zuweilen dissonanten, in jedem Fall aber traurig-betroffenen Klangeindruck hinterließ.

Daraus ergab sich ein weites Spektrum an in säkularen Zeiten ein wenig in Vergessenheit geratenen Kompositionen, die im Zusammenhang der Osterliturgie sich der Passion Christi aus der Perspektive Marias beschäftigen. Für das 1985 in Mailand gegründete Originalklang-Ensemble Il Giardino Armonico, das während der vergangenen Jahre unter anderem als Ensemble von Cecilia Bartoli auf deren hoch gelobten „Vivaldi Album“ brillierte, war es daher eine wichtige Aufgabe, sich mit dem zweiten Album nach dem Einstand mit Aufnahmen zum Händel-Jahr bei der Decca / L’Oiseau-Lyre dieser ernsten und faszinierend ausdrucksstarken Gattung zuzuwenden und sie wieder ins Gedächtnis der Musikszene zurück zu rufen.

Unter der Leitung von Giovanni Antonini widmen sich die Künstler, die während der vergangenen zwei Jahrzehnten sich auf den internationalen Bühnen von Paris bis New York und Sydney bis Buenos Aires einen hervorragenden Namen als historischen Ensemble gemacht haben (und zur Zeit als „Ensemble in Residence“ des Centro Cultural Miguel Delibes in Valladolid noch weiter ausbauen) einem weiten Spektrum von Musik. Gemeinsam mit der renommierten Mezzosopranistin Bernarda Fink greifen Il Giardino Armonico unter anderem die „Sonata Es-Dur, RV 130“ und das „Concerto d-Moll, RV 129 ‘Madrigalesco’“ von Antonio Vivaldi, kleinere Komposition von Biagio Marini, Francesco Bartolomeo Conti, Johann Georg Pisendel und die geistlichen Kantate „Il  Pianto di Maria“ von Giovanni Battista Ferrandini auf. Sie wurde lange Zeit Georg Friedrich Händel zugeschrieben, bis sie 1990 von Handschriftexperten als Werk des kaum bekannten venezianischen Komponisten Giovanni Ferrandini identifiziert werden konnte und nun dem Album seinen Namen gab. Das andere vokale Schlüsselwerk, eine Arie von Francesco Conti, wurde für „The Virgin’s Lament“ weltweit das erste Mal auf CD eingespielt. So entstand ein fragiles, ernstes und in seiner Klangreinheit faszinierendes Kompendium selten gespielter geistlicher Musik.

Il Giardino Armonico sind im Mai und September live in Deutschland zu erleben, Ihr Debüt für  Decca / L’Oiseau-Lyre „Händels Twelve Concerti grossi“ wurde von der Presse umfassend gelobt.
Ein paar Beispiele:

„Händels oft genug zur Hintergrundmusik degradierte Instrumentalwerke werden hier blutig ernst genommen. Im harmonischen Garten lauert zwar der Messerwerfer, aber der Dschungel blüht in ungeahnter Pracht.“

Abendzeitung am 21./22. März 2009

„Beim spontanen, zupackenden Spiel des Giardino Armonico werden die Concerti grossi von mediterranem Sonnenlicht durchflutet. Die Tanzsätze […] verlieren ihre Betulichkeit und bersten vor Lebenslust.“
Rheinischer Merkur am 12. März 2009

„‚Il Giardino Armonico’ mit seinen erstklassigen, hoch virtuosen Solisten Enrico Onofri und Marco Bianchi an der Violine sowie Paolo Beschi am Cello macht aus den Concerti grossi instrumentale Dramen mit gewaltigen Leidenschaften und spielt die Kontraste der Musik mit einer schier berstenden Spannung aus. Barockmusik als totale Nervenmusik, die die Sinne in elektrisierender Weise reizt.“
Die Rheinpfalz am 5. März 2009

„Als Il Giardino Armonico mit ihren Vivaldi-Jahreszeiten auf den Markt kamen, dann war das wahrlich unerhört. Unerhört passioniert, packend, direkt. Nun haben sich die mittlerweile gereiften Herrschaften Twelve Concerti Grossi von Händel vorgenommen. Keine Angst: Das Feuer ist noch da!“
tz am 10./11. Januar 2009

Il Giardino Armonico ist auf Tournee in folgenden deutschen Städten:

am 28. Mai in Hamburg – Il pianto di Maria mit Bernarda Fink
am 29. Mai in Dortmund – Il pianto di Maria mit Bernarda Fink
am 12. Juni in Potsdam – Joseph Haydn Frühe Sinfonien)
am 4. September in Bremen -  Il pianto di Maria mit Marie-Claude Chappuis
am 5. September in Dresden – Il pianto di Maria mit Marie-Claude Chappuis

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