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40 Jahre Hilliard Ensemble – Episode 15 – “Bach: Motetten”

The Hilliard Ensemble
© Roberto Masotti
13.01.2014
Das Schaffen von J.S. Bach bildete im Repertoire des Hilliard Ensembles bis zur Aufnahme seiner Motetten eine auffällige Lücke. Das Ensemble ist für seinen ausgewogenen und glasklaren Klang ebenso bekannt wie für die bevorzugte Auswahl von Werken mittelalterlicher Komponisten wie Perotin und Machaut sowie zeitgenössischer Komponisten, allen voran Arvo Pärt. Die Musik des 18. Jahrhunderts erfuhr dagegen lange kaum Berücksichtigung. Bariton Gordon Jones dazu: „Wir beschäftigen uns nicht viel mit Musik aus der Zeit zwischen Monteverdi und dem späten 20. Jahrhundert, vor allem aufgrund der involvierten Stimmlagen und weil sehr häufig Begleitinstrumente erforderlich sind.“
Nach einer vom Hilliard Ensemble Mitte der 1980er Jahre gemeinsam mit dem Knabenchor Hannover realisierten Bach-Einspielung veröffentlichte ECM New Series erst 2007 wieder eine Aufnahme der britischen Sänger, die ganz dem Bachschen Vokalwerk gewidmet war, namentlich den Motetten. Tatsächlich erhält in dieser Aufnahme nur „Lobet den Herrn, alle Heiden“ eine dezente Orgelbegleitung. Die übrigen sechs Motetten – in Aufnahmen und Aufführungen anderer Musiker oft vollständig von Orgel-Continuo begleitet oder colla parte instrumentiert – werden a cappella, mit je einem Solisten pro Stimme, präsentiert. In den doppelchörigen Motetten erhält das Hilliard Ensemble Unterstützung von den Sopranistinnen Joanne Lunn und Rebecca Outram, Alt David Gould und dem Bass Robert Macdonald.
Warum diese Beschränkung der Ausdrucksmittel? „Wir alle mögen es nicht, wenn unsere Stimmen von Instrumenten verdoppelt werden; es ist ein sehr unschöner Effekt, weil man Kontrolle über die Gestaltung der Linie und die Dynamik einbüßt, vor allem im Bass“, erklärt Gordon Jones. Die Entscheidung für eine solistische Besetzung habe dem Hilliard Ensemble die Freiheit gegeben, die es stets gesucht habe. „Es war bei diesem Ensemble immer der Fall, dass Interpretationen eines Stücks stark voneinander abweichen können, weil ein Sänger entscheidet, etwas leicht variiert zu phrasieren, und die anderen dieser Phrasierung folgen.“
Das Hilliard Ensemble nahm die Aufnahmen nach einer Konzertreihe mit Bachs Motetten in Angriff. „Man lernt im Konzert viel mehr über Musik als beim Proben. Darum versuchen wir immer, möglichst viel Aufführungspraxis zu bekommen bevor wir ins Studio gehen. Man verliert sich bei einer Aufnahme schnell in Details, statt sich auf die Gesamtform des Stücks zu konzentrieren“, erklärt Gordon Jones. „Auf der Bühne gibt man das Stück stets als Ganzes wieder, so dass eine viel klarere Vorstellung davon entsteht, in welchem Verhältnis die Abschnitte zueinander stehen und wie man die Energie des Stücks im Verlauf anpassen muss.“

Wer Bachs Motetten in instrumentierter Fassung kennt, wird Zeit benötigen, sich an dieses Album zu gewöhnen. Doch der Gewinn an Unmittelbarkeit, Transparenz und Schwung für die Musik ist offenkundig. „Bach mag diese Werke zwar zu seinen Lebzeiten nicht in dieser Weise gehört haben“, meint Dominy Clements von MusicWeb International in seiner Albumkritik, „doch ich verwette meinen Urtext darauf, dass er jeden Moment genossen hätte.“
In diesem Player hören Sie Stücke aus den Alben, die in unsere Jubiläums-Serie vorgestellt worden sind:

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