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Zauber der Polyphonie – Hilary Hahn, Bach und die Stimmen

Hilary Hahn, Matthias Goerne und Christine Schäfer ©Olaf Heine
Olaf Heine
16.03.2010
Bach übt auf viele Musiker einen besonderen Reiz aus. Mehr noch als andere aber scheinen sich Violinisten und Sänger zu dem barocken Oeuvre hingezogen zu fühlen. Jedenfalls kreist beispielsweise die musikalische Karriere der amerikanischen Geigerin Hilary Hahn immer wieder um dieses Zentrum und nähert sich ihm von verschiedenen Seiten. Bachs Partiten waren anno 1997 der Türöffner für die 17jährige in die Welt der internationalen Konzertpodien und seitdem hat sie sich neben Meilensteinen der klassisch-romantischen Epochen und der Moderne in wechselnden Kombinationen an dessen umfassendes Erbe gewagt. Ein Teil davon stand schon lange auf der Wunschliste, die Verbindung von Geige und Stimme, die die beiden wichtigen Stränge der Bach’schen Kunst zusammenführt. Mit „Violin and Voice“ wagt Hilary Hahn nun diesen Schritt und hat dafür neben dem Münchner Kammerorchester auch famose Kollegen wie die Sopranistin Christine Schäfer und den Bariton Matthias Goerne an ihrer Seite.

„Meine erste Begegnung mit Bach für Violine und Gesangsstimme“, erinnert sich Hilary Hahn an eines ihrer musikalischen Initialerlebnisse, „hatte ich im Alter von vier Jahren. Nur wenige Monate zuvor hatte ich mit dem Geigenspiel begonnen. Mein Vater sang damals in einem Chor bei uns am Ort, und meine Mutter und ich gingen zu einem Konzert seines Ensembles. Mitten in einer Bachkantate trat ein Mitglied des Chores mit seiner Violine plötzlich vor und spielte ein Duett mit dem Sopran. Ich war verzaubert. Wie sich der Klang des Instruments mit der Singstimme verband, sie um strömte, war unglaublich, einfach magisch – manchmal klagend, manchmal tändelnd, doch immer agil und lebendig.“

Das Samenkorn war gelegt und begann zu sprießen. Hilary Hahn, die, wie sich bald herausstellte, zu den Jahrhunderttalenten ihres Instruments zählt, ging nach dem Grundlagenunterricht bald bei Koryphäen wie Jascha Brodsky in die Lehre, der ihr wie schon seine Vorgängerin Karla Berkovich immer wieder ans Herz legte, sich nicht nur große Musiker anderer Instrumente zu Gemüte zu führen, sondern auf die vokalen Qualitäten der Geige zu achten. Die Meisterschülerin hielt sich an die Ratschläge und schaffte bereits als Teenagerin den Durchbruch mit einer Einspielung dreier Bach-Partiten für Solo-Violine, die genau diese Qualitäten in den Mittelpunkt stellten.

Seitdem ist viel passiert. Hilary Hahn hat sich zielstrebig an der Spitze der internationalen Geigen-Zunft etabliert, spielt Konzerte auf allen großen Bühnen dieser Welt, hatte aber immer dieses Verbindung von Geige und Stimme, die sie als kleines Mädchen erlebt hatte, als mögliches Projekt im Kopf behalten. Einmal verwirklichte sie ein Bach-Arie in Duett beim Marlboro Music Festival, wirklich konkret aber wurden die Pläne erst vor etwa zwei Jahren. Ein mögliche künstlerische Kombination begann sich herauszuschälen und so kam es zu den Aufnahmen von „Bach – Violin And Voice“, die zwischen Dezember 2008 und April 2009 in München realisiert wurden. Mit im Team waren dabei zwei Solisten, die ihrerseits schon über umfangreiche Erfahrungen mit dem Thema verfügten, die Sopranistin Christine Schäfer und der Bariton Matthias Goerne.

Für den passenden orchestralen Rahmen sorgte das Münchner Kammerorchester, das nach den Jahren mit dem visionären Christoph Poppen in Alexander Liebreich einen mindestens ebenso souveränen Leiter gefunden hatte. Und heraus kam eine Aufnahme, auf die Hilary Hahn lange schon gehofft hatte: „Mit diesem Projekt – das ich dazu noch mit wunderbaren Kollegen verwirklichen konnte – ist für mich ein Traum wahr geworden. Diese wunderbaren Stücke zeigen wie keine Bachs Kunst als Meister der Polyphonie: Mehrere Stimmen, gleichzeitig klar und komplex, enthüllen Schicht für Schicht immer wieder neue Seiten. Egal, wie häufig ich diese Stücke spiele, finde ich immer wieder überraschende Wendungen, neue Schönheiten. Und ich hoffe, das wird allen, die diese CD hören, ebenso gehen“.

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