Goran Bregovic | Offizielle Biografie

Biografie

Goran Bregovic Künstlerbild
Tief verwurzelt mit seiner Heimat, dem Balkan, aber auch ein Kind des 21. Jahrhundert, in dem er ganz zu Hause ist – so verbindet Goran Bregovićs Musik den Klang einer Zigeuner-Blaskapelle mit traditioneller bulgarischer Polyphonie, die Klänge von elektrischer Gitarre und traditionellem Schlagzeug mit ungewöhnlichen Rockakzenten, und das alles vor dem Hintergrund eines wie besessen aufspielenden Streichorchesters und den tiefen Stimmen eines Männerchors. Es ist eine Musik, der sich unsere Seele instinktiv öffnet und auf die der Körper mit unwiderstehlicher Tanzlust reagiert.
Bregović wurde in Sarajewo als Sohn einer serbischen Mutter und eines kroatischen Vaters geboren. Schon nach wenigen Jahren Geigenunterricht gründete er mit 16 Jahren seine erste Gruppe, Bijelo dugme (Weißer Knopf). Als Komponist und Gitarrist frönte er seiner maßlosen Liebe zum Rock ‘n’ Roll. Sein Studium von Philosophie und Soziologie hätte ihm vermutlich ein Amt als Marxismus-Lehrer eingetragen, doch der überwältigende Erfolg seiner ersten Schallplatte wies einen anderen Weg. Es folgten 15 Jahre mit Bijelo dugme, geprägt von endlosen Tourneen und unzähligen Autogrammstunden.
Ende der 80er-Jahre unterbrach Bregović seinen hektischen Arbeitsablauf, um die Musik für Emir Kusturicas Film Zeit der Zigeuner zu komponieren und seinen Kindheitstraum, in einem kleinen Haus an der Adria zu leben, zu verwirklichen. Der Krieg in Jugoslawien zerstörte diesen und andere Träume. Bregović musste ins Exil nach Paris gehen und alles zurücklassen.
Bregović und Kusturica hatten den gleichen Hintergrund, gehörten zur selben Generation und verfügten über ähnliche Erfahrungen. So bildeten sie ein Team, das keine Worte brauchte, um sich zu verständigen. Nach Zeit der Zigeuner hatte Bregović freie Hand, die Musik zu Arizona Dream (1993) zu schreiben. Die Musik entspricht ganz dem Film – sie ist poetisch, originell und unglaublich packend. Sein nächstes Filmprojekt war Patrice Chéreaus Die Bartholomäusnacht, Gewinner der Goldenen Palme beim Filmfestival in Cannes 1994, für das er eine herrliche Musik mit Rockakzenten komponierte. Auch die Musik für Kusturicas Underground (Goldene Palme in Cannes 1995) schrieb Bregović. 1998 komponierte er eine Musik mit Klezmerelementen für Radu Mihăileanus Zug des Lebens.
Seither widmet Bregović sich vor allem seinen eigenen musikalischen Projekten und einer zweiten Konzertlaufbahn – ohne allerdings den Film gänzlich aufzugeben. Zu seinen weiteren Filmprojekten zählen Nana Dschordschadses 27 Missing Kisses (2001) und Unni Straumes Music for Weddings & Funerals (2002; Musik und männliche Hauptrolle). 2004 wiederholte Bregović dieses Abenteuer: Er komponierte die Musik für I giorni dell’abbandono und spielte auch die Hauptrolle in diesem italienischen Film, der 2005 uraufgeführt wurde.
Bühnenmusik: Silence of the Balkans war ein ehrgeiziges Multimedia-Projekt, das 1997 in Thessaloniki unter Leitung des slowenischen Regisseurs Tomaž Pandur und mit Videos von Boris Miljković aufgeführt wurde. Es folgte ein Projekt mit dem Teatro Stabile aus Triest, für das Bregović die Musik zu einem sehr ungewöhnlichen Hamlet schrieb. Dann arbeitete er mit dem berühmten italienischen Regisseur Marco Bailani zusammen, für den er die Musik zu Der Kinderkreuzzug (1999) schrieb. Kurz danach komponierte er die Musik für eine Bühnenfassung von Dantes Göttlicher Komödie unter der Regie seines langjährigen künstlerischen Partners Tomaž Pandur.
Musik für Konzerte: Nachdem er 1985 die reine Rockmusik aufgegeben hatte, wurde Bregovićs Musik zehn Jahre lang nicht mehr live aufgeführt. Das änderte sich 1995, als er mit einer Gruppe von zehn Musikern auf traditionellen Instrumenten, einem 50-köpfigen Chor und einem Symphonie­orchester eine Reihe von Mega-Konzerten in Griechenland und Schweden gab, gefolgt von einem Konzert im Brüsseler Forest National vor 7 500 Zuhörern.
Im Juni 1997 wurde die Gruppe für ein zweistündiges Konzert mit Bregovićs Filmmusiken auf 50 Musiker reduziert. Ein Triumph folgte auf den anderen, als Bregović eine überaus erfolgreiche Europatournee mit seiner Wedding and Funeral Band unternahm. Er präsentierte dabei seine schönsten Stücke, vom berühmten »Ederlezi« (Zeit der Zigeuner) bis zu »In the Death Car« (Arizona Dream) und dem energiegeladenen »Kalasnikov« (Underground). Ein Konzert auf der Piazza San Giovanni in Rom vor einer halben Million Zuhörer bestätigte eindrucksvoll, dass seine Musik nunmehr internationale Geltung hat.
Musikalische Partner: Bregović sieht es als eine Ehre, mit großen Musikern aus unterschiedlichen Kulturen zusammenzuarbeiten. Iggy Pop (Arizona Dream), Ofra Haza (Die Bartholomäusnacht), Cesaria Evora (Underground), Scot Walker in Großbritannien, Setzen Aksu in der Türkei, George Dalaras in Griechenland und Kayah in Polen.
Besondere Projekte: Im Jahr 2000 bat Giovanni Feretti von der legendären italienischen Gruppe CSI Bregović, bei einer nachtlangen Fiesta Repräsentant für Musik aus den orthodoxen Ländern zu sein. Bregović nannte sein Projekt »Hot Balkan Roots« (Heiße Balkan-Wurzeln) und lud dafür drei Blaskapellen aus Bulgarien, Rumänien und Serbien sowie eine Gruppe russischer Sängerinnen ein. Ein gemeinsamer Auftritt von Bregović und CSI bildete den Höhepunkt, und die Show wurde im renommierten Nuovo Auditorium di Roma wiederholt.
Zum Auftakt seiner Italientournee im Sommer 2000 schuf Bregović eine »Große Hochzeit in Palermo« für das Fest der heiligen Rosalia am 14. Juli, dessen künstlerische Leitung er zusammen mit dem angesehenen neapolitanischen Musikwissenschaftler und Komponisten Roberto di Simone innehatte. Für einen ganz besonderen Abend versammelte Bregović Künstler aus Ländern zwischen Budapest und Istanbul, seinem musikalischen »Nährboden«, wie er sagt. Zu Bregovićs Musik und Bildern des Belgrader Videoregisseurs Boris Miljković traten slowenische und griechische Tänzer unter Leitung des faszinierenden rumänischen Choreographen Edward Clug auf. Auch hier setzte Bregović Blaskapellen ein, um 80 Brautpaare aus verschiedenen Teilen Palermos zum zentralen Platz der Stadt zu führen, wo sie sich gegen drei Uhr morgens mit Clugs professionellen Tänzern und Bregovićs Wedding and Funeral Band zu einem langen abschließenden Hochzeitstanz trafen.
2002 vereinte Bregović in der Kathedrale von Saint-Denis nahe Paris drei Gesangsstars aus drei verschiedenen Religionen und den Moskauer orthodoxen Chor, Streicher aus Tetouan in Marokko sowie sein Wedding and Funeral Orchestra für ein besonderes Programm mit dem Titel »Mein Herz ist tolerant geworden« über das Thema der Versöhnung. Auftraggeber war das Festival geistlicher Musik von Saint-Denis (in diesem Jahr unter dem Motto »Von Bach bis Bregović«). Luciano Berio lud dieses Projekt in seine Accademia Nazionale di Santa Cecilia in Rom ein, es folgten Konzerte auf der Esplanade des Guggenheim-Museums in Bilbao und beim Festival geistlicher Musik in Fez, Marokko.
2004 komponierte Bregović seine erste Oper, Goran Bregović’s Karmen mit einem Happy End – die erste Carmen mit »K« und einem Balkanakzent. Bregović zeichnet verantwortlich für Libretto und Musik (mit nur wenigen Zitaten aus Bizets Carmen) sowie die Regie dieser Kombination von naivem Theater und Oper. Die Zigeuneroper wurde im April 2004 in Italien uraufgeführt und erlebte seither mehr als 100 Vorstellungen mit der Wedding and Funeral Band.
Tourneen: 2005 traten die Musiker von Bregovićs legendärer Gruppe Bijelo dugme noch einmal gemeinsam bei einer ausverkauften Tournee durch die Hauptstädte von drei ehemaligen jugoslawischen Republiken auf. 70 000 Zuhörer in Sarajewo und Zagreb sowie 200 000 in Belgrad bestätigten seine Hoffnung, dass Menschen, die durch Krieg getrennt sind, zumindest die Freude an einem gemeinsamen musikalischen Erbe teilen.
2006 öffnete Nordamerika sich erstmals für Bregovićs Musik: mit einem bemerkenswerten Konzert beim Jazz Festival in Montreal sowie Auftritten in Chicagos herrlichem Millennium Park und in der Avery Fisher Hall beim Lincoln Center Festival in New York.
Bregovićs nächstes Abenteuer war ein Projekt mit dem Titel »Forgive me, is this the way to the Future?« (Verzeihung, ist dies der Weg in die Zukunft?) – Drei Briefe für drei Propheten, in Auftrag gegeben von ECHO (European Concert Hall Organisation) für eine Tournee von zehn Konzerten in bedeutenden europäischen Konzertsälen im Jahr 2007, gespielt von Bregovićs Wedding and Funeral Band plus Kristjan Järvis Absolute Ensemble unter der Gesamtleitung von Kristjan Järvi.
Im Januar 2009 erschien in Frankreich der erste Teil der neuen CD »Alkohol«, die im Sommer 2007 live in Guca aufgenommen worden war. Guca ist eine kleine serbische Stadt mit ungefähr 20 000 Einwohnern, die alljährlich einen Wettbewerb für Blaskapellen veranstaltet und dann plötzlich 150 000 Menschen beherbergt. Durch Zelte vor der sengenden Hitze geschützt, trinken sie, essen gegrilltes Fleisch und Sauerkraut, trinken, hören Musik und trinken weiter, drei Tage hindurch… daher der Titel des Albums. 2009 absolvierte Bregović zudem eine Amerikatournee, brachte ein neues Stück für das Festival »Bang on a Can« im Lincoln Center zur Uraufführung und veröffentlichte im Herbst den zweiten Teil von »Alkohol«.
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