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Bizets „Carmen“ feiert Premiere an der Komischen Oper

Stella Doufexis (Carmen) und Timothy Richards (Don José) an der Komischen Oper Berlin
Iko Frees/drama-berlin.de
21.11.2011
»Die Liebe ist ein Vagabund und kein Gesetz hat über sie die Macht. Und wenn du mich nicht liebst, ich lieb’ dich, und wenn ich lieb’, nimm dich in acht!«: Bereits in ihrer Auftrittsnummer – der berühmten Habanera – kündigt die Titelfigur in Bizets Carmen an, was schließlich zum tragischen Ende der Oper führt: Die Liebe lässt sich nicht kontrollieren. Der junge Soldat Don José will aber genau das: Er will sich Carmens sicher sein. Trotz der mehrfachen Warnung »Nimm dich in acht!« werden so die beiden großen Opern-Themen Liebe und Tod auf erschreckend unmittelbare Weise miteinander verknüpft: »Die Liebe als Fatum, als Fatalität, zynisch, unschuldig, grausam. […] Die Liebe, die in ihren Mitteln der Krieg, in ihrem Grunde der Todhass der Geschlechter ist«, wie es Nietzsche formulierte.

Stierkampf und Flamenco, Machismo und Manzanilla, Zigeunerinnen und Kastagnetten – obwohl Georges Bizet niemals dort war, ist seine musikalische Vision Andalusiens samt ihrer exotistischen Künstlichkeit zum Inbegriff des Spanischen geworden. »Bizet ist der Karl May der Opernkomponisten«, sagt Sebastian Baumgarten. Die folkloristische Perspektive Bizets ist dementsprechend ein Thema, das in der Konzeption eine entscheidende Rolle spielt.

Carmen ist nach Händels Orest, für die er 2006 zum Regisseur des Jahres gewählt wurde, seiner Version von Mozarts Requiem und dem radikalkomödiantischen Publikumshit Im Weißen Rößl Baumgartens vierte Inszenierung an der Komischen Oper Berlin. Mit der Titelpartie gibt Stella Doufexis ihr Rollendebüt als Carmen.

Die Inszenierung

Im Mittelpunkt der Auseinandersetzung steht bei Baumgarten das Spiel mit den beiden bestimmenden und doch ambivalenten Perspektiven auf das Stück: der realistischen auf der einen und der folkloristischen auf der anderen Seite. Denn dass Georges Bizet selbst nie in Spanien gewesen ist, weist auf einen zentralen Moment hin. »Jenseits der Pyrenäen beginnt Afrika«, bemerkte Prosper Merimée und stößt mit diesem Satz die Tür zum Exotismus auf. Das Andere und die fremde Frau werden in diesem Kontext zu entscheidenden Größen. Dass Carmens zentrale Nummer mit »Habanera« überschrieben ist und somit auf Kuba und den afrokaribischen Raum verweist, verbindet sich zusammen mit den musikalischen Orientalismen des »Zigeunermoll« zu einem interessanten Spektrum. Die Disparatheit, die Klischees, die Künstlichkeit und auch das Kolportagehafte Carmens stehen in Baumgartens Konzeption im Mittelpunkt. Kein durchgehender psychologischer Realismus, sondern eher ein spielerischer, überzeichnender Umgang mit dem Material kennzeichnen die Inszenierung.

Sebastian Baumgarten: »Mich interessiert vor allem der soziale Aspekt des Stoffes. Dabei geht es darum, dieses Thema eben nicht durch die Form des gängigen Opernrealismus’ zu behaupten. Sondern wir versuchen, mittels einer eher surrealistischen Spielweise die inneren Bilder der sozial gedachten Figuren über die äußeren Bilder des Theaters zu erzählen.« Nietzsches Begeisterung über die Fatalität der Liebe begegnete der Kulturphilosoph Egon Friedell in seiner Kulturgeschichte der Neuzeit übrigens mit der Einschätzung: »Dieses Werk, in dem sich Popularität mit Raffinement, spanische Leidenschaft mit französischer Grazie, elementare Vitalität mit spielender Heiterkeit vermählt, ist eigentlich die ideale Operette.« Einer vielschichtigen Auseinandersetzung ist somit der Weg bereitet: Toréador, en garde!

Musikalische Leitung
Yordan Kamdzhalov Inszenierung … Sebastian Baumgarten Bühnenbild … Thilo Reuther Kostüme… Ellen Hofmann

Besetzung
Stella Doufexis (Carmen), Ina Kringelborn (Micaela), Karolina Gumos (Mercedes), Ariana Strahl (Frasquita), Timothy Richards (Don José), Günter Papendell (Escamillo), Peter Renz (Dancairo), Thomas Ebenstein (Remendado), Ipća Ramanocić (Morales), Jens Larsen (Zuniga), Ana Lessing Menjibar (Manuela), Rajko Schlee, Zamna Urista-Rojas (Gitarristen) sowie die Chorsolisten und das Orchester der Komischen Oper Berlin.

Termine

Premiere: 27. November 2011, 19:00 Uhr in der Komischen Oper Berlin
Weitere Aufführungen … 6./12./26./29. Dezember jeweils 19:30 Uhr, 18. Dezember 16:00 Uhr, 4./7./13./21./27. Januar 2012 jeweils 19:30 Uhr, 04. Juli 2012 19:30 Uhr

Karten

Kartentelefon Komische Oper Berlin: +49. (0)30.47 99 74 00
karten@komische-oper-berlin.de, www.komische-oper-berlin.de
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