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Georg Philipp Telemann

Famoses Barock

16.05.2008
Vorlieben können sich ändern. Zu Lebzeiten galt Georg Philipp Telemann als einer der beliebtesten Komponisten seiner Generation. In der Wahrnehmung der Nachwelt aber wurde sein Genie vom dem seines Zeitgenossen Johann Sebastian Bach überstrahlt. Es gehört daher zu einer der Errungenschaften der neuen Liebe zur Alten Musik, den barocken Meister in seiner Bedeutung wieder ins rechte Licht gerückt zu haben. Und seine Werke sind gleich auf zwei von fünf Veröffentlichungen des Frühsommers in der Reihe Audior zu erleben, in direkter Nachbarschaft von – Johann Sebastian Bach.
Als Georg Philipp Telemann 1767 starb, galt er längst zusammen mit Georg Friedrich Händel und Johann Sebastian Bach als der wichtigste deutsche Komponist von Instrumentalmusik seiner Generation. Mit Werksammlungen wie “Musique de Table” (1733), der “Quadri” (1730) oder auch den “Nouveaux Quatuors” (1733) hatte er die französische höfische Kunstmusik umgedeutet und mit verschiedenen Gestaltungstradition des Barocks produktiv verschmolzen. Seit seinem achtmonatigen Aufenthalt in Paris anno 1737 eilte ihm europaweit der Ruf des großen Stilsynkretisten voraus, der nicht nur französische, italienische und polnisch folkloristische Klangideen souverän verbinden konnte, sondern darüber hinaus in beinahe erschreckendem Tempo neue Meisterwerke erdachte.

Bis zu seinem Lebensende entstanden allein rund 1.400 Kirchenkantaten, 50 Opern, 1.000 Orchestersuiten und etwa 100 Solokonzerte, dazu kamen zahlreiche Kammermusik-, Ensemble- und Sakralwerke. Telemann löste sich dabei vom strengen Kontrapunkt seiner Vorgänger und integrierte die galante Formensprache seiner Epoche in seine Kompositionen. Es war der Übergang vom Barock zum Rokoko, in späten Jahren sogar zur Frühklassik und war durch seine Leichtigkeit und Intelligenz gleichermaßen bei Hofe wie beim gehobenen Bürgertum geschätzt. Mehr als zwei Jahrhunderte später allerdings bedurfte es Ensembles wie dem New London Consort unter der Leitung von Philip Picket, um seine “Wassermusik” wieder zu entdecken, oder auch dessen Kollegen von der Camerata Bern unter der Ägide von Thomas Füri, um den “Flöten-Konzerten” die entsprechende Würdigung angedeihen zu lassen, was den Musikern in vorbildlich entspannter und reflektierte Weise gelang.
 
Die Pioniere ihres Fachs haben in solchen Fragen der Repertoires und der Neudeutung Herausragendes geleistet. Vor 35 Jahren etwa gründete Reinhard Goebel die Musica Antiqua Köln, um ein Ensemble zur Verfügung zu haben, das den Bedürfnissen der historischen Aufführungspraxis entgegen kommt. Damals war der Violinist aus Siegen einer der jungen Idealisten einer Bewegung, die sich der Musikpflege auf Originalinstrumenten nach musikgeschichtlich möglichst korrekten Vorlagen widmete. Inzwischen ist Goebels Kammerorchester weltweit eines der führenden Ensembles seines Fachs und hat mit zahlreichen Aufnahmen bewiesen, dass die Grundsätze des geschichtlichen Arbeitens mit den Notenvorlagen zu faszinierenden und innovativen Interpretationen bekannter Werke führt und darüber hinaus den Blick auf die vergessenen Meister vergangener Epochen richten kann.

Die wunderbare Klarheit etwa, mit der die Musica Antiqua sich den “Französischen Barockkonzerten mit Werken von Couperin, Leclair, Marais” widmet, und die ausgewogene Klanggestalt, die ihr mit den Originalinstrumenten gelungen ist, trifft tatsächlich eine ästhetische Vorstellung, die der der  Komponisten hätte nahe gekommen sein können. Und nicht zuletzt runden Christopher Hogwoods Interpretationen der “Brandenburgischen Konzerte” von Johann Sebastian Bach mit der Academy of Ancient Music und Joseph Haydns “Jahreszeiten” der English Baroque Soloists und des Monteverdi Choirs unter der Leitung von Sir John Eliot Gardiner und famosen Solisten wie Barbara Bonney. Anthony Rolfe Johnson, Andreas Schmidt die aktuelle Runde der preiswerten und zeitgemäßen Reihe Audior zum akustischen Schatzkästlein der Originalklangfreunde ab.