Emil Gilels | News | Der Todestag des russischen Pianisten Emil Gilels jährt sich zum 25. Mal

Der Todestag des russischen Pianisten Emil Gilels jährt sich zum 25. Mal

Emil Gilels © Siegfried Lauterwasser / DG
© Siegfried Lauterwasser / DG
13.10.2010
Sviatoslav Richter vermutete, Emil Gilels sei einem unaufmerksamen russischen Arzt zum Opfer gefallen, der dem Pianisten bei einer Routineuntersuchung versehentlich eine falsche Spritze verabreicht habe. Spekulationen hin oder her: Der legendäre Pianist starb vor 25 Jahren, am 14. Oktober 1985 im Alter von 68 Jahren und hinterließ ein faszinierendes Oeuvre feinsinnig ausgereifter Aufnahmen, die die Musikwelt noch heute in ihren Bann ziehen.

Emil Gilels wurde 1916 in Odessa geboren. Trotz eines unmusikalischen Elternhauses hatten er und seine Schwester Elizabeth (Violine) die Chance, ihr musikalisches Talent zu entfalten. In Odessa, wo seit jeher ein der Musik gegenüber sehr aufgeschlossenes öffentliches Klima herrschte, wurde musikalisch begabten Kindern größte Aufmerksamkeit zuteil. So blieb auch Emils Talent nicht unentdeckt: Mit sechs Jahren wurde er auf die städtische Musikschule geschickt und bereits mit zwölf gab er das erste aufsehenerregende öffentliche Konzert. Von 1935 an studierte er am Moskauer Konservatorium bei Heinrich Neuhaus, dem berühmten russischen Klavierpädagogen, zu dessen Schülern auch Sviatoslav Richter, Igor Shukov und Radu Lupu zählten.

Bereits mit sechzehn war Gilels' Klavierspiel so ausgereift, dass er einem der besten Pianisten seiner Zeit vorspielen durfte. Artur Rubinstein erinnerte sich später an dieses Privatrecital, das ihm Gilels bot, mit anhaltender Bewunderung: “Schon bei den ersten Takten der ‘Appassionata’ spürte ich, dass ich es hier mit einem begnadeten Talent zu tun hatte. Ich wollte noch mehr hören, und er spielte das damals noch wenig bekannte ‘Jeux d’eau’ von Ravel wie ein vollendeter Meister.” Bald war klar, dass hier ein neuer Stern am Pianistenhimmel aufstieg, dessen Strahlkraft auch die sowjetische Propagandamaschine während des Abwehrkriegs gegen die deutschen Faschisten zu nutzen wusste. Gilels spielte während der Kriegsjahre Frontkonzerte für verletzte Soldaten und im belagerten Leningrad. Die Uraufführung der ihm gewidmeten 8. Klaviersonate Prokofieffs, der letzten der drei sogenannten Kriegssonaten, bestritt er im Dezember 1944 im Großen Saal des Moskauer Konservatoriums.

Zwar gab es schon zuvor einige internationale Intermezzi wie den ersten Platz beim Klavierwettbewerb in Wien oder auch die Reise nach Belgien anno 1938, als er den Ysaÿe-Wettbewerb gewann, dessen Jury unter anderem von Leopold Stokowski, Otto Klemperer, Walter Gieseking und Samuel Feinberg besetzt war. Insgesamt jedoch wurden ihm wenige Möglichkeiten zu internationaler Profilierung geboten. Erst mit dem politischen Tauwetter der Zeit nach Stalins Tod und infolge der sich verbessernden Reisemöglichkeiten ins westliche Ausland gelangte Emil Gilels auch in der weltweiten Wahrnehmung an die Spitze der Interpreten vor allem klassischen und romantischen Repertoires. Als erster sowjetischer Künstler durfte er 1955 eine USA-Tournee bestreiten.

Während seiner Konzertaufenthalte in Westeuropa spielte Gilels für mehrere internationale Plattenfirmen Aufnahmen ein. Den Katalog der Deutschen Grammophon bereicherte er dabei unter anderem um eine Einspielung der Lyrischen Stücke von Edvard Grieg, die bis heute Referenzstatus besitzt, und das Konzert in der Kärntner Stiftskirche im August 1971, das von den Musikfilmspezialisten der Unitel festgehalten wurde und seit 2007 auf DVD erhältlich ist. Die von ihm im Jahr 1972 begonnene Gesamteinspielung des Beethovenschen Klaviersonatenzyklus musste Gilels leider unvollendet lassen, zur Aufnahme von op.111 und vier weiterer Sonaten war er nicht mehr gekommen. Nach der Aufnahme der Sonaten opp.109 und 110 im Spätsommer 1985 gab er im September ein letztes Konzert in Helsinki. Aufgrund eines Unwohlseins begab sich Gilels nach der Heimkehr in ein Moskauer Krankenhaus. Zu diesem Zeitpunkt ahnte niemand, dass er dort wenig später kurz vor seinem 69. Geburtstag sterben würde.

BR-Klassik strahlt am 14. Oktober zwei Sondersendungen zum Todestag von Emil Gilels aus:

15:05 Uhr: Pour le Piano – Tastenspiele
Zum 25. Todestag des Pianisten Emil Gilels (I)
(Joseph Haydns Klavierkonzert D-dur, Hob.XVIII/11 und Sergeij Prokofieffs Sonate B-dur, op.84)

19:05 Uhr: Kammermusik
Zum 25. Todestag des Pianisten Emil Gilels (II)
(Ludwig van Beethovens Zwölf Variationen A-dur über den russischen Tanz aus “Das Waldmädchen”, WoO 71 und Johannes Brahms' Klavierquartett g-moll, op.25; Aufnahmen von 1968 und 1970)

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