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Die Erforschung der Fuge

07.05.2008
Wer einmal beginnt, sich mit der Musik von Johann Sebastian Bach zu befassen, bleibt oft ein Leben lang dabei. Wunderbar ist die Vielfalt der Klänge, grandios die Meisterschaft, Abstaktion und klares Denken in musikalische Intensität zu verwandeln. So kann es auch das Emerson String Quartet nicht lassen, sich weiter mit den Bachschen Ideen zu beschäftigen. Nach der “Kunst der Fuge” haben sich die amerikanischen Kammermusikkoryphäen nun der Variationskunst des “Wohltemperierten Claviers” zugewandt, in den Transkriptionen von Wolfgang Amadeus Mozart und Emanuel Aloys Förster, und damit ein weiteres Kapitel ihrer Geschichte aufgeschlagen, das sie als pointierte Strukturarbeiter im Dienste der musikalischen Transparenz präsentiert.
Eugene Drucker, einer der beiden ersten Geiger des sich als demokratisch verstehenden Emerson String Quartets, macht keinen Hehl aus seiner Begeisterung: “Es ist eine Ehre für uns, Bach zu spielen, der ja keine Streichquartette komponiert hat. Nachdem wir viel aus der Aufführung und der Aufnahme der ‘Kunst der Fuge’ gelernt habe, stellen wir uns nun der Aufgabe, unser Spiel auf eine Musik einzustellen, die für Tasteninstrumente konzipiert ist. Bachs Gedanken in diesen Fugen sind so abstrakt, dass sie über das Idiom des Instrumenten hinausgehen, für das er sie schrieb”.

Die Faszination für diese Schlüsselwerke im Oeuvre des barocken Komponisten teilten von den Musikern des Emerson String Quartets bereits manche andere Lichtgestalten ihres Fachs. Wolfgang Amadeus Mozart zum Beispiel wurde Anfang der 1780er Jahre, zu einer Zeit, als sein illustrer Vorgänger weitgehend vergessen war, durch den Sammler und Privatmusiker Baron van Swieten auf Bach aufmerksam gemacht. Dessen Archiv mit Autographen und Drucke war Inspiration genug, dass Mozart begann, nicht nur Fugen zu transkribieren, sondern selbst ebensolche zu schreiben. Jedenfalls entstammen diesen begeisterten Jahren einige Übertragungen für Streichquartett, die vom Emerson String Quartet als eine Grundlage ihrer Einspielung verwendet wurden. Die meisten Bearbeitungen allerdings stammen aus der Feder des ebenfalls ausführlich komponierenden Zeitgenossen Mozarts Emanuel Aloys Förster, der sich ähnlich wie sein berühmter Kollege von der Kraft dieser Fugen hatte begeistern lassen.

“Der Vorteil unserer Aufführung des ‘Wohltemperierten Claviers’ liegt darin, dass die Zuhörer durch die Verwendung unterschiedlicher Instrumente die verschiedenen Stimmen und die Art, wie Themen und Gegenthemen miteinander verwoben sind, leichter heraushören können. Da wir alle dasselbe Themenmaterial spielen, mussten wir uns mehr denn je bemühen, Homogenität von Stil und Ausdruck zu erreichen”, erklärt Drucker weiter die Intentionen der Einspielung von “Bach – Fugues”. Die Aufnahmen entstanden im vergangenen Dezember in den Räumen der American Academy of Arts and Letters in New York und versammeln 19 vierstimmige und zwei fünfstimmige, um Da-Hong Seetoo an der zweiten Geige ergänzte Fugen aus beiden Büchern der berühmten Vorlage zu einer stringenten Abfolge der musikalischen Gesetzmäßigkeiten verknüpft, wobei die Musiker die Balance zwischen den Vorgaben des barocken Komponisten und behutsamen Zugeständnissen an die Spielbarkeit halten, die bereits Förster vorgeschlagen hatte: “Hier und da machen Försters Lösungen den Aatz idiomatischer für Streicher, doch wo wir darüber hinausgehende Unterschiede entdeckten – harmonische und rhythmischen Änderungen, die er ohne erkennbaren Grund vornahm – fühlten wie uns stärker Bachs Original verpflichtet”. So konnte ein Paradigma des wohltemperierten Streichquartetts entstehen, das in seiner Präsenz und Prägnanz Maßstäbe setzen wird.

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