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Ein Eigenbrötler besonderer Art

Steve Tibbets © Daniel Corrigan / ECM Records
© Daniel Corrigan / ECM Records
14.04.2010
Ein musikalischer Eigenbrötler ganz besonderer Art ist der amerikanische Gitarrist Steve Tibbetts. Wenn er ein Album aufnimmt, zieht er sich über viele Monate hinweg in sein Heimstudio zurück, um dort im Overdub-Verfahren phantastische Ambient-Soundscapes zu entwerfen, die er aus Versatzstücken von experimenteller und ethnischer Musik, Jazz, Rock und Folk montiert. Das Ergebnis umschreibt er selbst (mit einem schelmischen Augenzwinkern) als “postmodernen Neoprimitivismus”. Andere verpassten seiner Musik auch schon mal das etwas bizarre Etikett “Tibetanischer Buddhisten-Punk-Jazz-Rock”. Acht Jahre nach seinem letzten ECM-Album “A Man About A Horse” meldet sich Steve Tibbetts bei dem Münchner Label nun mit “Natural Causes” zurück.

Das ECM-Label ist für seine effiziente Arbeitsweise bekannt: die Aufnahmen des Labels entstehen unter der Regie des Produzenten Manfred Eicher in der Regel innerhalb von nur zwei oder drei Tagen. Als Steve Tibbetts, der seine ersten beiden Alben noch als College-Student in frickeliger Eigenarbeit aufgenommen hatte, 1981 sein erstes ECM-Album “Northern Song” einspielte, prallten zwei sehr gegensätzliche Aufnahmephilosophien im Studio aufeinander. Auf der einen Seite der erfahrene Münchner Produzent, der ein bekannter Förderer (und Forderer) musikalischer Sponität ist. Auf der anderen der Künstler, der für einen einzigen Song schon mal bis zu 50 Tonspuren aufnimmt, aus denen er dann schließlich seine Soundskulpturen erschafft. Dass “Northern Song” trotzdem ein rundum gelunges Album wurde, spricht Bände über die Qualität und Konsensfähigkeit beider Parteien. Bei den späteren ECM-Produktionen ließ Manfred Eicher Tibbetts dann allerdings so walten, wie dieser es wirklich liebte.

So auch bei dem neuen Album “Natural Causes”, das sich deutlich von seinem acht Jahre zuvor erschienenen ECM-Vorgänger “A Man About A Horse” unterscheidet. Während dort hitzige elektrische Gitarren den Ton angegeben hatten, ist “Natural Causes” ein überwiegend akustisches Album geworden. Akustisch zwar, doch – wie von Tibbettts nicht anders zu erwarten – unkonventionell. Obwohl er sich diesmal eine gewisse Zurückhaltung auferlegen wollte, gewann die Experimentierlust des Künstlers dann doch wieder Oberhand. “Manchmal kann ich einfach nicht aufhören, neue Tonspuren hinzuzufügen”, gesteht Tibbetts ohne eine Spur von Reue. “Irgendwann wollte ich wissen, was dabei herauskäme, wenn ich zwanzig oder dreißig zwölfsaitige Akustikgitarren im Overdub-Verfahren aufnahm… der Sound war grandios!”

Als Hauptinstrument spielt Tibbetts hier eine alte zwölfsaitige Martin-Akustikgitarre, die – so der Gitarrist – einen runden, ausgereiften Klang besitzt. Klanglich orientierte er sich dabei teilweise an dem Ton der indischen Sarangi-Laute. Dessen Sound ließ ihn nicht mehr los, seit er ihn in den 1990ern bei einem Konzert des Sarangi-Meisters Sultan Khan kennengelernt hatte. “Seitdem habe ich versucht, diese singenden, gesangsähnlichen Töne der Sarangi-Laute auf die Gitarre zu übertragen.” Darüber hinaus spielt Tibbetts hier aber auch noch Piano, Kalimba und Bouzouki.

Als musikalischer Partner steht ihm wieder einmal der Perkussionist Marc Anderson zur Seite, mit dem Tibbetts schon seit 1977 zusammenarbeitet und auch all seine ECM-Alben einspielte. Anderson, der ein Spezialist für afrikanische Rhythmen ist, machte außerdem schon Aufnahmen mit so unterschiedlichen Größen wie Don Cherry, Taj Mahal, Prince, Robert Fripp, Butch Morris und David Sylvian.

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