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ECM 1978: Musikalische Extreme – Von Keith Jarrett bis Steve Reich

ECM Chronik: Das Jahr 1978
31.12.1978
Music for 18 Musicians” des Komponisten Steve Reich wird von den Kritikern allgemein als kühner Aufbruch verstanden, was man allerdings auch ganz anders sehen kann. Etliche ECM-Improvi­sa­toren haben sich von der “Systems Music” der Minimalisten inspirieren lassen; Reich wie­­derum zählt, wie viele ECM-Jazzer, Miles Davis zu seinen Vorbildern und afrikanische Trommelmusik zu seinen Inspirationsquellen. Allerdings ist das Reich-Album das erste auf ECM, das keinerlei improvisierte Musik enthält und nimmt so den Start der New Series voraus, der noch sechs Jahre in der Zukunft liegt. 

Das andere Extrem musikalischer Organisation bilden Keith JarrettsSun Bear Concerts” – ungekürzte, unbearbeitete Solo-Piano-Konzerte, eine ganze Tournee davon, auf zehn LPs. Diese Ausführlichkeit wird ebenso gepriesen wie verdammt und macht das Set zu einem der umstrittensten Projekte in Jarretts Œuvre. Es gewinnt Preise, unter anderem 1979 den Großen Deutschen Schallplattenpreis, es wird ihm aber auch – besonders in den USA – Konzeptlosigkeit vorgeworfen. An der Qualität des Cover-Designs besteht jedoch kein Zweifel; die Sun-Bear-Box schafft es sogar in Kunstausstellungen (unter anderem im Münchner Haus der Kunst). Der Begleittext besteht aus einem einzigen Satz von Gertrude Stein, “Think of your ears as eyes”, der zu einem Leitmotiv wird.
Später im Jahr: “My Song”, mit Jarretts europäischem Quartett, enthält einige seiner schönsten Kompositionen für kleine Ensembles. Vor allem das Titelstück und “Country” sind aussichtsreiche Standards-Kandidaten. 

Jack DeJohnette präsentiert eine aufregende neue Band, New Directions, mit Lester Bowie (Trompete), John Abercrombie (Gitarre) und Eddie Gomez (Bass). Eine Phase der gegenseitigen Entdeckung ist angebrochen, und Manfred Eicher führt die Musiker in mal harmonischen, mal kontrastierenden Projekten zusammen. Gomez und DeJohnette tauchen auf Ralph TownersBatik” wieder auf. John Taylor und Jan Garbarek spielen auf Bill Connors’ “Of Mist And Melting”, während Taylor und Connors auf Garbareks “Places” gastieren. Towner, Garbarek und Walcott sind bei Gismontis “Sol Do Meio Dia” dabei, und Kenny Wheelers “Deer Wan” – mit Garbarek, Abercrombie, Towner, Dave Holland und Jack DeJohnette – ist schon fast ein ECM-Allstar-Album. 

Der sonnige Pop-Jazz auf “The Pat Metheny Group”, dem ersten Album von Methenys neuem Quartett, kommt bei jüngeren Hörern ausgesprochen gut an. 

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