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Der Kleine Hörsaal – Neugier siegt

18.04.2007
Wie wird man eigentlich ein Künstler? Sicher, den meisten ist klar, dass dazu viel Arbeit gehört, üben, üben, üben und natürlich eine gehörige Portion Talent, die es erleichtert, die eigene Begeisterung in etwas zu verwandeln, das auch von anderen als etwas Großartiges nachempfunden werden kann. Aber ist das schon alles? Dann müssten doch eigentlich viel mehr Künstler sich in der Wirklichkeit tummeln, als es bis jetzt der Fall zu sein scheint. Tatsächlich ist der Sprung vom Amateur zum wirklichen Star eine Verkettung von Zielen und Zufällen, die man nur selten wirklich planen kann. Das wird auch den Berliner Kindern des Kleinen Hörsaals schnell klar, die mit Unterstützung der Deutschen Grammophon zwei der derzeitigen internationalen Konzertsaalkoryphäen Löcher in den Bauch fragen.
Und damit ist ihre Neugier noch lange nicht gestillt. Schließlich haben sie die ungewöhnlichen Gelegenheit, von der Geigerin Hilary Hahn und dem Sänger Thomas Quasthoff mehr zu erfahren, über Instrumente und Klang, über Orchester und Unterricht, genau genommen über alles, was irgendwie mit Musik zusammenhängt. Sie machen das mit der Hartnäckigkeit junger Entdecker und sorgen auf diese Weise für einen prickelnden Start einer Serie, die hinter die Kulissen der Kunst und des Musikgeschäftes blickt.

Singen, zum Beispiel, klingt so einfach. In mancher Hinsicht ist es das auch, solange man es nicht unter dem Blickwinkel der Noten und Vorschriften betrachtet, sondern als unmittelbaren Ausdruck einer natürlichen Kreativität versteht. Die Praxis allerdings sieht hierzulande häufig anders aus. Ohne unken zu wollen, lässt sich doch feststellen, dass die traditionellen Form, etwa in Familien, Gruppen und Vereinen den Spaß am Singen an Kinder weiter zu geben, rückläufig ist. Dieses Defizit an musikalischem Alltag, Wissen und Erfahrung kann auch die Schule nicht ausgleichen, deren Möglichkeiten angesichts des Spardogmas und überkommener Lehrpläne nur allzu oft beschränkt sind.

Nach Meinung des Sängers Thomas Quasthoff liegt da sogar einiges im Argen: “Ich glaube, dass die Ausbildung an vielen Schulen veraltet ist. Es kann nicht mehr darum gehen, den Kindern irgend etwas in den Kopf zu hämmern, sondern es muss vielmehr darum gehen, Sinnzusammenhänge herzustellen. Ich muss bei einem Gedicht von Goethe auch wissen, aus welcher Zeit er es geschrieben hat, wie die politischen Situation in der Romantik war. Dies gilt übrigens auch für die Naturwissenschaft. Wenn wir auf das abrufbare Wissen setzen, erziehen wir höchstens noch gute Trivial-Pursuit-Spieler, aber keine ganzheitlich denkenden Menschen. Ich glaube, dass das Konzept des ‘Kleinen Hörsaals’ genau dort ansetzt: Er öffnet Assoziationen”.
 
Der Schritt in die richtige Richtung führt vor allem in die Praxis. Denn Erfahrung ist besser als Erzählen und wenn schon nicht alle Kinder sich mit den Stars der Konzertsäle zusammen setzen können, so können sie doch an dem partizipieren, was einige ihrer Altersgenossen gemacht haben. Eine gute Handvoll junger Berliner Buben und Mädchen hatte daher die Gelegenheit, sich mit Quasthoff bzw.  Hilary Hahn zu treffen und die Profis ordentlich mit ihren Fragen zu löchern. Mikrofone waren dabei, außerdem ein Koffer voller Hörbeispiele, die sich zu den jeweiligen Details heranziehen ließen. Und Leonie, Emely, Moritz, Dennis, Simon, Julia, Marie, Milena und Valentino haben sich alle Mühe gegeben, den Dingen auf den Grund zu geben. So wird vieles angesprochen und erklärt, natürlich auch vorgespielt oder gesungen, unmittelbar verständlich gemacht und, wenn nötig, noch mit  Beispielen aus dem Schaffensbereich der Künstler ergänzt. Behutsam moderiert in die Form einer Hörfunksendung gebracht, entsteht dadurch eine spielerische, unterhaltsame und zugleich spannend-interessante Einführung in die magische Welt der klassischen Musik.

Und es war beileibe keine einseitige Veranstaltung, denn auch die Künstler hatten ihrer Spaß mit dem Projekt: “Ich finde, dass es eine gute Idee ist, dass Kinder die Chance haben, anderen Kindern Klassik zu erklären”, meint Hilary Hahn im Anschluss an die Aufnahmen und ergänzt: “Manchmal sprechen Pädagogen zu Kindern, als ob sie nichts kennen und nichts über Musik wissen, dabei wissen sie meistens schon alles, einfach nur vom Zuhören. Und Kinder sind doch so verschieden. Es gibt einige, die schon mal ein Instrument gespielt haben, andere, die noch nie klassische Musik gehört haben. Es ist so gut, wenn sie miteinander sprechen können und sich gegenseitig erklären, worum das alles geht”. So ist schon einiges angerissen, aber noch viele Fragen bleiben offen. Das ist gut so, schließlich treffen nach Quasthoff und Hahn demnächst auch der Oboist Albrecht Mayer und der Dirigent Christian Thielemann auf die jungen Musikforscher, um ihnen im “Kleinen Hörsaal” ihre Musik zu präsentieren und ihre Kunst zu erläutern – und sich fragen zu lassen, wie denn das alles geht, was immer so leicht und einfach klingt.

Weitere Informationen zu Veröffentlichungen und Serien für Kinder, finden Sie im Bereich Kinderklassik bei KlassikAkzente.

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