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‘Unglaublicher Reichtum’ – Claudio Abbado dirigiert Schumanns C-Dur-Symphonie

Claudio Abbado mit dem Orchestra Mozart 2012 im Wiener Musikverein
© Dieter Nagl / DG
06.06.2013
Hatte Robert Schumann sich als junger Komponist ganz auf seine improvisatorische Gabe verlassen, markiert die von ihm Ende 1845 begonnene Symphonie in C-Dur einen Wendepunkt in seinem Schaffen. Die meisten seiner Werke, so notierte er, waren bislang in „unglaublicher Schnelligkeit“ entstanden, so etwa die erste Symphonie von 1841 in nur vier Tagen. „Erst vom Jr. 1845 an, wo ich anfing alles im Kopf zu erfinden und auszuarbeiten, hat sich eine ganz andere Art zu componieren zu entwickeln begonnen.“

Zufluchtsort Bach

Zur neuen Kompositionsweise – ein Klavier stand ab 1845 nicht länger in seinem Arbeitszimmer – fand Schumann in einer Zeit, da sich ernste Symptome einer früheren Syphilis-Infektion zeigten. So beklagte er akute Ohrenschmerzen, die ihm das Hören von Musik verleideten, und immer wieder plagten ihn Unruhe und melancholische Zustände. In der Hoffnung, Inspiration und seelischen Halt zurückzugewinnen, suchte er Zuflucht bei Johann Sebastian Bach, dessen kontrapunktische Werke er intensiv studierte.

„Anbetend niederknien“

Angeregt von seiner Entdeckung der „Großen“ C-Dur-Symphonie von Franz Schubert nahm Schumann im Dezember 1845 die Arbeit an einer neuen Symphonie in derselben Tonart auf. In dem 1846 vollendeten Werk vereinte er großen musikalischen Einfallsreichtum und seine neu erlangte kontrapunktische Meisterschaft. Doch der Symphonie war zu Schumanns Lebzeiten kein Erfolg beschieden. „Der Klavierkomponist und Liedsänger stehen mir ungleich höher da, als der Symphoniker“, erklärte etwa Hans von Bülow. Gleichwohl bekannte der einflussreiche Kritiker angesichts des Adagio espressivo, dem lyrischen Herz des Werks, „anbetend niederknien zu wollen“.

Späte Entdeckung

Spät hat Claudio Abbado die 2. Symphonie in C-Dur von Robert Schumann für sich entdeckt. „Man spricht immer über die Vierte Symphonie von Schumann, die wunderbar ist, aber Schumanns Zweite ist möglicherweise die ‚fortschrittlichste‘ von allen“, sagt der Dirigent. „Diese Symphonie hat einen unglaublichen Reichtum.“ Zusammen mit den Overtüren „Manfred“ op. 115 und „Genoveva“ op. 81 stellte Abbado das Werk im November 2012 im Wiener Musikverein vor. Die Aufnahme, gekennzeichnet von der für Abbado typischen Mischung aus voranstürmender Entdeckungslust und einfühlsamer Versenkung in die Gedankenwelt des Komponisten, erscheint bei Deutsche Grammophon.

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