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Der klassische Fragebogen – Beantwortet von Barbara Bonney

10.12.2001
Musik ist eine heilige Kunst, oder …?
 
Natürlich ist sie das. Sie hat zweifellos die Kraft zu heilen und zu verjüngen. Ich habe mehrere Briefe von Menschen bekommen, die mir schreiben, dass meine Aufnahmen ihnen geholfen haben, von angeblich unheilbaren Krankheiten zu genesen. Das ist für mich Beweis genug, und ein unglaubliches Kompliment.
Könnten Sie wählen, in welcher Zeit hätten Sie dann gern gelebt?
 
In der Renaissance. Manchmal habe ich das Gefühl, das hätte ich auch. Ich mache Kalligrafie und oft habe ich “Visionen”, ich würde an einem Pult in einem Kloster sitzen und Bücher kopieren und illuminieren. Die Musik ist auch eine meiner liebsten, genau wie die Kunst.
 
Welchen Komponisten der Vergangenheit würden Sie bitten, ein Stück für Sie zu komponieren?
 
Wahrscheinlich Strauss. Seinen Stücken fühle ich mich wohl am nächsten. Oder Grieg? Eine schwere Entscheidung.
 
Welchem Maler aus Vergangenheit oder Gegenwart hätten Sie gern einmal Modell gesessen?
 
Wie viele fühle ich mich zu van Gogh hingezogen. Ich mag seine Landschaften, aber eines seiner wilden Portraits würde bestimmt Spaß machen.
 
Welches war Ihre musikalisch aufregendste Begegnung?
 
Ich habe in Amsterdam eine Klasse Amateure unterrichtet. Ich habe nie vorher solche Aufregung bei einem Publikum gespürt. Ich glaube, das war endlich mal ihr Abend: Sie waren nicht mehr das passive Publikum, sondern wurden endlich kreativ.
 
Welche Begegnung würden Sie in der Fantasie gern herbeiführen?
 
Keine Ahnung.
 
Auf welches nicht-musikalische Abenteuer würden Sie sich gern einmal einlassen?
 
Ich würde gern mal mehr als vier Wochen zu Hause verbringen, als ganz normaler Mensch.
 
Wie sähe Ihr ideales Publikum aus?
 
Involviert und aufmerksam. Klein.
 
Welches Musikstück treibt Ihnen den Schweiß auf die Stirn?
 
Die Überreichung der Rose aus dem “Rosenkavalier”. Warum, glauben Sie, singe ich die nicht mehr?
 
Welcher Komponist bzw. welches Werk wird Ihrer Meinung nach heutzutage überschätzt bzw. unterschätzt?
 
Mendelssohn wird unterschätzt. Seine Musik ist weder frivol noch sentimental, sondern einfach nur wunderbar.
 
Welche Aussage über Musik möchten Sie nie wieder hören?
 
Dass wir alle Diven seien. Eine echte Beleidigung.
 
Ihr musikalisches Credo?
 
Arbeite hart und singe der Musik willen.
 
Welches Buch liegt neben der Stimmgabel und welches auf Ihrem Nachttisch?
 
“An Open Heart”, eine Sammlung von Vorträgen, die der Dalai Lama in New York gehalten hat. Nach den Anschlägen von New York brauchen wir alle etwas Trost. Ich mag, was er über Veränderung durch Selbstbewusstsein und gewaltfreie Kommunikation sagt. Es mag unmöglich scheinen, aber je mehr wir uns nach dieser Maxime richten, desto stärker wird ihr Einfluss.
 
Mit welcher Märchengestalt würden Sie sich identifizieren?
 
Goldlöckchen. Ich schlafe jede Nacht in einem anderen Hotelbett. (Zum Glück gibt’s keine Bären.)
 
Welches der vier Temperamente entspricht Ihrem Wesen am ehesten?
 
Das weiß ich nicht.
 
Welches Gericht käme nie auf Ihren Tisch?
 
Räucherfisch. Den kann ich nicht ab!
 
Könnte man Ihnen in einem Sportstadion begegnen?
 
Vielleicht in Wimbledon.
 
“Die einzige Möglichkeit, einer Versuchung zu widerstehen, ist ihr nachzugeben”, sagte Oscar Wilde. Was sagen Sie?
 
Ich glaube, im Leben geht es immer um die richtige Ballance. Darum verbiete ich mir nichts grundsätzlich, sondern versuche herauszufinden, warum ich das Gefühl habe, etwas zu brauchen. So habe ich nicht den Eindruck, ich würde etwas verpassen.

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