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Ungetrübte Schönheit – Netrebko, Domingo und Meli in Verdis “Giovanna D’Arco”

Francesco Meli, Anna Netrebko, Plácido Domingo, Paolo Carigniani, Johannes Dunz
© Silvia Lelli
12.06.2014
“Giovanna D’Arco” ist eine frühe Oper von Giuseppe Verdi nach dem Trauerspiel “Die Jungfrau von Orléans” von Friedrich Schiller. Sie wird nur selten aufgeführt, und noch seltener nimmt es ein Regisseur auf sich, das Werk in szenischer Form auf die Bühne zu bringen.
Die Vorzüge dieser Oper liegen im Musikalischen. Ihre schönsten Stellen sind das Beste, was der Komponist bis dato geschrieben hatte, meint Verdi-Biograf Julian Budden. Er sieht in der Titelrolle einen Sopranpart von seltenem Raffinement, hochkarätig in sämtlichen Solonummern und im Großteil der Ensembles. “An keinem Punkt sinkt Giovanna auf das Niveau einer gewöhnlichen Primadonna herab … In ‘Giovanna D’Arco’ deuten sich bereits die großen Werke der Periode nach ‘Traviata’ an.” Der Musikkritiker Donal Henahan bezeichnet die Oper als “Vehikel, mit dem erstklassige Verdi-Stimmen einen überwältigenden Eindruck hinterlassen können.” Verdis “Giovanna D’Arco” ist ein Wetteifern für drei Solostimmen, eine Sängeroper in Reinkultur.

Konzertante Aufführung in Salzburg mit Traumbesetzung

Alexander Pereira hat ganz in diesem Sinne gehandelt: Er nahm die Oper ins Programm der Salzburger Festspiele 2013 – als Beleg einer gemeinsamen Schiller-Begeisterung der großen Gegenspieler Verdi und Wagner, der alles überstrahlenden Jubilare des vergangenen Opernjahres. Dabei setzte Pereira auf die bewährte Praxis einer konzertanten Aufführung der “Giovanna D’Arco”. Nach Wunsch des Salzburger Intendanten sollte sich das Werk frei von jeglichem inszenatorischen Ballast in seiner ganzen vokalen Pracht entfalten. Dafür engagierte er Anna Netrebko, Plácido Domingo und Francesco Meli – eine Traumbesetzung und ein dreifaches Debüt! Domingo hat den Part König Carlos VII. 1973 aufgenommen. Als Giacomo war er nun erstmals gesetzt. Netrebko und Meli hatten in dieser Oper zuvor noch nie auf der Bühne gestanden. Sie waren nicht dabei? In unserer Fotogalerie sehen Sie einige Szenen aus der Produktion von “Giovanna D’Arco” bei den Salzburger Festspielen.

Furioses Rollendebüt der Netrebko

Anna Netrebko war Pereiras Einladung, die Titelrolle zu übernehmen, mit Begeisterung gefolgt. Für die Starsopranistin bot sich mit dem Part der Giovanna nach dem großen Erfolg als Tatjana im “Eugen Onegin” die Gelegenheit, den nächsten Schritt auf dem Weg vom lyrischen ins dramatische Fach zu machen. Und dies gelang ihr mit Bravour.
“Das Opern-Singen der Netrebko zeichnet sich unverändert durch außergewöhnliche stimmliche Präsenz aus”, schwärmte die Frankfurter Allgemeine Zeitung. “Anna Netrebkos Stimme ist etwas dunkler, schwerer geworden, ohne an Geschmeidigkeit und Beweglichkeit zu verlieren. Kantable Linien blühen wunderbar auf, dramatische Affekte werden mit bemerkenswerter vokaler Energie herausgeschleudert, wobei die gesangliche Kontur immer beachtet bleibt.”
Die Presse zeigte sich begeistert von der “atemberaubenden” Stimmbeherrschung der Netrebko. “Sie hat weiter ihre Fähigkeit zur Attacke aus dem Nichts, gleichzeitig wird ihr Sopran immer voller, was das Farbspektrum aus Schönste erweitert. Treffsichere Sprünge in jede Höhe, aber auch nach unten und gleichzeitig ins Piano, ihrer flexiblen Stimme steht alles mit Leichtigkeit zu Gebote.” Auch die KlassikAkzente-Redaktion war damals vor Ort, hier können Sie unseren Artikel über Anna Netrebkos Auftritt lesen.

Überwältigender Domingo

Für Plácido Domingo stellte die anspruchsvolle Rolle des Vaters der Giovanna eine besondere Herausforderung dar. Wenige Wochen vor der Salzburger Aufführung hatte er ja eine Lungenembolie erlitten. Domingos Rollendebüt als Giacomo riss die Salzburger Nachrichten zu einer wahren Eloge hin: “Man spürte und sah: Er ging an die Grenzen, erreichte aber einen Grad an Wahrhaftigkeit, der schlichtweg überwältigte. Diese Disziplin! Diese Glut! Diese Gestaltungsintensität!” Bei den frenetisch bejubelten Solo-Vorhängen lies ihm Anna Netrebko denn auch aufmerksam den Vortritt. Mit einer rundum überzeugenden Gesangsleistung im Tenorpart begeisterte Francesco Meli als König Carlo VII.
Der Livemitschnitt aus der Salzburger Felsenreitschule erscheint am 13.Juni. 

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