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Gesänge einer Nymphe – “Enchanted Forest” von Anna Prohaska

Anna Prohaska
© Harald Hoffmann / DG
15.03.2013
Führte uns Anna Prohaska auf ihrem letzten Album “Sirène” durch eine aquatische Fabelwelt à la “Kleine Meerjungfrau”, so wimmelt es im “Enchanted Forest”, dem Zauberwald, so der Titel ihres neuen Albums, nun von Nymphen, Feen und anderen leicht bekleideten Halbwesen, die mit ihren weiblichen Verführungs- und Zauberkünsten die Fantasie zahlreicher Komponisten des 17. und 18. Jahrhunderts anregten. “Nymphen haben einen göttlichen Aspekt. Sie sind Fabelwesen, die sich für gewöhnlich nicht mit Sterblichen paaren. Wenn sich sterbliche Männer nun aber doch in sie verlieben, so ist dies meistens zum Scheitern verurteilt. Und das bietet natürlich sehr viel Stoff” führt Anna Prohaska mit der ihr eigenen Nonchalance zum Hintergrund ihrer neuesten Veröffentlichung aus.

Kennerblick, sichere Hand und stimmliche Brillanz

“Gerade in unserer über-technologisierten Welt sehnen wir uns immer noch nach einer gewissen Unerklärlichkeit”, glaubt Anna Prohaska. Vielleicht hört die Sopranistin mit der ganz undivenhaften Ausstrahlung neben klassischer Musik deshalb auch mit Vorliebe populäre Musikströmungen wie Gothic Rock und New Romantic, denen ein Hang zu Mystik, Pathos und Verklärung eigen ist. Stimmungen, wie sie eben auch typisch für Werke der Renaissance und des Barock sind, die Prohaska nun für ihr neues Album ausgewählt hat. Das gewählte Nymphen-Thema passt natürlich ganz wunderbar zum sexy Image der 29-Jährigen. Und doch handelt es sich im Fall der Sopranistin um weit mehr als gutes Marketing. Nach dem ECHO Klassik-prämierten Album “Sirène” beeindruckt Anna Prohaska auf “Enchanted Forest” erneut mit einer Anthologie von Stücken, die sie mit Kennerblick ausgewählt, mit sicherer Hand zusammengestellt und mit stimmlicher Brillanz eingesungen hat.

Inkarnationen einer Nymphe

Den Ausgangspunkt von “Enchanted Forest” bildet der Mythos von Apoll und Daphne: Die Nymphe hat ewige Keuschheit geschworen und entkommt den Nachstellungen des Gottes erst, nachdem sie sich in einen Lorbeerbaum verwandelt hat. “Es ist paradox: Weil sie ein Baum ist, kann Daphne nicht mehr weglaufen, sie ist Apoll aber auch auf ewig entzogen”, erläutert Anna Prohaska. In der Inkarnation der antiken Nymphe begegnen wir der Sopranistin auf diesem Album gleich mehrfach: in der anmutigen Arie “O più d’ogni ricchezza” aus der Oper “Gli amori d’Apollo e di Dafne” des Monteverdi-Schülers Francesco Cavalli, im beschwingten Siciliano “Felixissima quest’alma” und im aufgewühlten “Come in ciel benigna stella” – beides Stücke aus Händels Oper “Apollo e Dafne”.

Verzweifelte Nymphengesänge

Auf italienisch-sprachigen Werken aus Renassaince und Barock liegt der Schwerpunkt dieses Albums. Neben Cavalli und Händel erklingt die hochvirtuose Arie “Alma oppressa” aus Vivaldis Oper “La fida Ninfa”, die dem Schicksal einer verzweifelten Nymphe gewidmet ist. Über eines ihrer Lieblingsstücke, das “Lamento della ninfa” aus dem Achten Madrigalbuch von Monteverdi, das Prohaska gemeinsam mit Thomas Walker (Tenor), Samuel Boden (Tenor) und Ashley Riches (Bass) eingesungen hat, sagt die Sopranistin: “Es klingt wie ein leichtes Stück, doch plötzlich singen die Männer eine unglaubliche Dissonanz – die Reibung zwischen den Stimmen klingt für unsere Ohren unwahrscheinlich modern.”

Purcells Musik für den “Sommernachtstraum”

Anna Prohaska ergänzt die italienischen Stücke ihrer Anthologie mit einer Auswahl englischer Barockwerke. Als Tochter einer irisch-englischen Opernsängerin kam sie schon früh mit der Musik Tallis', Byrds und Purcells in Berührung. Besonders Letzterer liegt ihr seither am Herzen. “Für mich steht Purcell ganz oben neben Bach, Mozart und Schubert. So wie er den Text umsetzt, in der harmonischen Komplexität und der Rafinesse seiner Musik, ist er für mich einer der größten Komponisten überhaupt.” Für “Enchanted Forest” wählte die Sopranistin neben der harmonisch überraschenden Arie “Mark how readily each pliant string” aus Purcells Ode “Raise, raise the voice” zwei Arien aus “The Fairy Queen”, einer Abfolge musikalischer Zwischenspiele, die der Komponist 1692 für Aufführungen der wohl schönsten literarischen Huldigung an die Bewohner des Zauberwalds komponierte, William Shakespeares Komödie “Ein Sommernachtstraum”.

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