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“Scandale” – Alice Sara Ott und Francesco Tristano veröffentlichen ein Album mit Duoaufnahmen

Francesco Tristano, Alice Sara Ott
© Marie Staggat / DG
20.08.2014
Im Tanz setzt der Mensch Energien von subversiver Kraft frei. Diese Erkenntnis wusste wohl niemand besser für seine künstlerischen Ziele zu nutzen, als Serge Diaghilev (1872–1929). Der Impresario, Kurator, Kritiker und Gründer der legendären Tanzkompanie Ballets russes verkörperte den Idealtypus eines Avantgardisten und gab – gesegnet mit einem todsicheren Gespür für die Platzierung öffentlicher Skandale – den Künsten seiner Zeit, allen voran dem Ballett und der Musik, weit in die Zukunft weisende Impulse.
Igor Strawinski verdankte ihm seine Karriere und künstlerische Identität. Von Diaghilev entdeckt, komponierte er für die Pariser Aufführungen der Ballets russes Werke wie das epochale “Le sacre du printemps” (1913), das vom Premierenpublikum mit einem Sturm der Entrüstung aufgenommen wurde und aufgrund seiner ganz neuartigen Verzahnung mit den Rhythmen des Körpers eine umstürzende Wirkung auf die Musik des 20. Jahrhunderts hatte. Die Tanztruppe Diaghilevs befeuerte mit ihren innovativen und skandalträchtigen Choreografien den neuen musikalischen Antriebsmotor, der von Strawinski gelenkt wurde: “Le sacre” demonstrierte mit urwüchsiger Kraft, dass Rhythmus der harmonisch und formal restlos ausgereizten Kunstmusik Europas neues Leben einzuhauchen vermochte.
Francesco Tristano und Alice Sara Ott haben für ihr gemeinsames Album “Scandale” (19.09., Deutsche Grammophon) Werke auf zwei Klavieren eingespielt, die dem unmittelbaren Wirkungskreis Diaghilevs entstammen: Strawinskis “Le sacre du printemps”, Rimsky-Korsakows “Geschichte vom Prinzen Kalender” aus der Tondichtung “Scheherzade”, die 1910 in Paris von den Ballets russes in einer Ballettadaption vorgestellt wurde, und Ravels “La valse”, ein “choreographisches Gedicht für Orchester”, das im Auftrag Dhiagilevs geschrieben, jedoch nie von ihm als Ballett produziert wurde.
Die beiden jungen Interpreten begegnen den Werken mit größtmöglichem Respekt, hüten sich aber zugleich vor musealer Ehrfurcht gegenüber dem Original. Ihr gemeinsames Spiel zeigt einen unverkennbar tänzerischen Gestus, in dem sich Tristanos Beschäftigung mit elektronischer Musik der Gegenwart, dem Techno in seinen vielfältigen Ausformungen, widerspiegelt: Der luxemburgische Pianist, der auch erfolgreich als Produzent und DJ arbeitet, begreift Strawinskis “Le sacre” und Detroit Techno als Körpermusik. Diesen Gedanken unterstreicht er mit seiner Eigenkomposition “A Soft Shell Groove”, einem elektronischen Musikstück, das eigens für “Scandale” erstmals aufgenommen wurde.  
Sehen Sie unsere Videos mit Alice Sara Ott und Francesco Tristano im Dialog über Serge Diaghilev und Strawinskis “Le sacre du printemps”.

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