Ólafur Arnalds | News | Auf seinem neuen Album "For Now I am Winter" klingt Ólafur Arnalds so opulent wie nie

Auf seinem neuen Album “For Now I am Winter” klingt Ólafur Arnalds so opulent wie nie

Ólafur Arnalds
© Marino Thorlacius / Mercury Classics
22.03.2013
Als Ólafur Arnalds im Alter von 24 Jahren sein drittes Werk veröffentlichte, dessen Andersartigkeit im Vergleich zu den hochgelobten Vorgängern Fans und Kritiker überraschte, erklärte er: „Ich wollte etwas anderes machen. Ich möchte nicht mein ganzes Leben auf derselben Stelle treten.“ Und so naheliegend wie allgemeingültig dieser Anspruch für kreativ Schaffende auch sein mag, so sicher gibt es nur wenige, die ihn derart stark verinnerlicht haben und konsequent verteidigen wie der junge isländische Komponist
Arnalds wird für seine ausgefeilten Klavierkompositionen als Protagonist der neoklassischen Musikszene gefeiert, er komponiert Filmmusik, arbeitete mit dem Choreographen Wayne McGregor und kollaborierte mit dem Electronica-Projekt Kiasmos. Der Isländer sucht den Wandel. Es überrascht kaum, dass sein neues Album im Lauf der Entstehung zahlreiche Transformationen durchmachte. Ólafur Arnalds verwarf sogar sein ursprüngliches Kompositionsgerüst, weil er keine Weiterentwicklung darin sah: „Es war gut, aber es stellte für mich keinen großen Schritt nach vorne dar.“ Nun ist „For Now I Am Winter“ fertig. Das Album klingt, wie sein Schöpfer es wünschte: meisterhaft – und anders als seine Vorgänger.
Gesang und Orchester

Eine der auffälligsten Neuerungen ist die Zusammenarbeit mit Arnór Dan Arnarson, dem Sänger der Band Agent Fresco, hatte doch Ólafur Arnalds bisher auf Gesang in seinen Stücken verzichtet. „Es war einfach an der Zeit, es auszuprobieren. Die Überlegungen waren ja schon immer irgendwie da“, erklärt Arnalds diese Entscheidung und befindet: „Auf diesem Album klingt das dann tatsächlich so selbstverständlich, als wäre es schon immer Teil dieser Musik gewesen“. Arnarsons eigenwilliger Gesang ist in „Reclaim“, „A Stutter“, „Old Skin“ und im Titelstück zu hören. Dem herkömmlichen Verständnis von Popgesang entziehe sich dieser gänzlich, betont Arnalds.
Um so bemerkenswerter ist es wiederum, dass der Komponist auf „For Now I Am Winter“ stärker denn je mit dem Pop liebäugelt. Waren seine Stücke bisher von minimalistischer Verhaltenheit geprägt, die zwischen Klavier- und Elektronikklängen oszillierte, so wartet Arnalds nun zusätzlich mit der Opulenz orchestraler Klänge auf. Von seinem Freund und Kollegen Nico Muhly erhielt er Unterstützung bei der Instrumentierung. Muhly, erklärt Arnalds, arrangiere wie eine Katze, die über Klaviertasten läuft: „Bei ihm funktioniert das wie zufällig, fast ziellos. Es ist großartig!“
Brücken zwischen Pop und Klassik
So sehr Ólafur Arnalds darauf bedacht ist, künstlerischer Stagnation stets einen Schritt voraus zu eilen und Neues zu wagen, so unbezweifelbar trägt „For Now I Am Winter“ noch immer seine persönliche Handschrift. Diese ist seit jeher durch den Einfluss verschiedenster Musikstile geprägt, die Arnalds zu aufregenden, neuen Klang-Amalgamen verbindet. Er selbst vermutet, seine Offenheit gegenüber den musikalischen Genres verdanke sich der Besonderheit der isländischen Musikszene. Diese sei so klein, dass man zwangsläufig alle Genres in sich aufsaugen müsse, meint er. Vielleicht ist er genau deshalb ein guter Brückenbauer zwischen Klassik und Pop, auf dessen Musik sich viele Menschen einigen können, resümierte Arnalds einmal in einem Interview. Für den einstigen Schlagzeuger einer Hardcore-Band war der Tag sicher ein ganz besonderer, an dem er bei einem seiner Konzerte einen Zuschauer im Motörhead-T-Shirt entdeckte.

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