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Geborgene Klangjuwelen – Mercury Living Presence 3

Mercury Living Presence 3
11.03.2015
Es ist soweit: Sämtliche Aufnahmen des Kultkabels Mercury Living Presence sind wieder greifbar. Insgesamt 158 CDs liegen jetzt vor. Zu den 50 CDs der ersten Folge, für deren Neu-Auflage Decca im Jahre 2012 den Preis der deutschen Schallplattenkritik gewann, kamen in der zweiten Folge 55 weitere CDs hinzu. Jetzt legt die dritte Folge noch einmal 53 CDs drauf, darunter allein 10 Alben, die erstmals auf CD erscheinen.

Technisches Wunder

Bei diesen 10 Alben handelt es sich um eine technische Sensation. Sie wurden von fragilen Tapes, die zum Teil seit den fünfziger Jahren nicht mehr angerührt worden waren, ins digitale Zeitalter hinübergerettet. Restauration und Neu-Aufnahme fanden in den berühmten Abbey Road Studios von London statt. Die Federführung hatte der renommierte Aufnahmeingenieur Andrew Walter inne, der mit äußerster Akribie und neuesten Techniken störende Nebengeräusche eliminierte, ohne dabei den originalen, ebenso breit angelegten wie klaren Sound zu gefährden, mit dem das US-amerikanische Label Mercury Living Presence in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts berühmt geworden war.

Schillernde Funde

Das Ergebnis ist außerordentlich. Jetzt liegen uns schillernde Aufnahmen der Klassikgeschichte, die bislang entweder gar nicht oder nur in klanglich unbefriedigender Form erhältlich waren, in exzellenter Tonqualität vor. Leidenschaftliche Klangekstasen wie “World of Flamenco” (CD 48), eine frühe Aufnahme des legendären Gitarrenquartetts Los Romeros, oder Beethovens entschieden voranschreitende Sinfonie Nr. 3 (“Eroica”) in der ebenso feierlichen wie gut abgestimmten Interpretation des Minneapolis Symphony Orchestra unter der Leitung des großen ungarisch-amerikanischen Dirigenten Antal Doráti (CD 43), oder Schostakowitschs feinziselierte Streichquartette Nr. 4 und 8, eingespielt vom famosen Borodin-Quartett, das einen engen Kontakt zu dem russischen Komponisten pflegte (CD 53) – all diese Aufnahmen sind jetzt, um nur einige der CD-Premieren zu nennen, erstmals digital zu erwerben.      

Breites Spektrum

Hinzu kommen die neu aufgelegten Alben, bei denen auf das Remastering von Wilma Cozart Fine aus den 1990er Jahren zurückgegriffen werden konnte. Fine war eine der Originalproduzenten von Mercury Living Presence, und ihr Sohn Thomas Fine war zuletzt mit von der Partie, als in den Abbey Road Studios die alten Bänder gesichert und restauriert wurden. Musikalisch besticht die dritte Folge der Sammlung durch die Lebendigkeit der Interpretationen und die Vielfalt des Angebots. Das Spektrum reicht von Schlüsselaufnahmen romantischer Sinfonien (Schubert, Brahms, Tschaikowski u.a.) über Opernouvertüren (Wagner u.a.) bis hin zu modernen Kompositionen (Bloch, Ginastera, Copland u.a.). Und wie zur Entspannung sind auch immer wieder Meisterwerke der leichteren Muse zwischengeschaltet: ein Album mit Wiener Walzern etwa (CD 3) oder eines mit Songs des Broadway-Komponisten Cole Porter (CD 16).    

Zukunftsaussichten

Dabei hat man bei aller Vielfalt das Gefühl, dass die Aufnahmen einen Zusammenhang bilden. Sie spiegeln den Geist der damaligen Zeit. Die fünfziger und sechziger Jahre waren in der westlichen Welt von einer ungeheuren Aufbruchstimmung geprägt. Die Schrecken des Zweiten Weltkrieges waren beendet. Es ging wieder Berg auf, und das hört man den Aufnahmen der Sammlung an, ganz gleich, ob man den romantischen Sehnsüchten der großen Sinfonien nachspürt, dem glamourösen Leben in den Songs von Cole Porter oder dem modernen ästhetischen Ausdruck der jüngeren amerikanischen Komponistengeneration. Dieser Optimismus manifestiert sich natürlich auch auf dem technischen Gebiet, und so ist es eine wahre Freude, in dem umfangreichen Booklet der Edition alle Details der Aufnahmen (Datum, Mikrophone, Aufnahmeleiter etc.) geschildert zu bekommen. Eindrucksvolle Fotographien und detailreiche Berichte geben zudem die Stimmung in den Studios wieder und lassen das Charisma der Künstler lebendig werden.   

Vinyl-Auskopplung

Ein Ereignis, das jedes Sammlerherz höher schlagen lässt, ist die Vinyl-Auskopplung. 6 LPs erscheinen parallel zur CD-Edition. Klassisch gepresst auf 180g-Vinyl, findet sich jede einzelne LP in einem Umschlag mit dem Original-Cover. Der streng limitierten, durchnummerierten Vinyl-Ausgabe liegt ein mehrfarbiges Booklet bei, das mit einem informativen Essay von Thomas Fine aufwarten kann und – wie schon die CD-Edition – ausführliches Datenmaterial zu jedem einzelnen Album bereithält. Musikalisch bietet die Vinyl-Sammlung en miniature ein ähnlich breites Spektrum wie die digitale Edition: Etwas leichter geht es in Wienerwalzer Paprika (LP 2, Philharmonia Hungarica) und Ballet For Band (LP 5, Eastman Wind Ensemble) zu. Daneben steht romantischer Tiefsinn: Paul Parays Wagner-Album und seine Interpretation der Sinfonie in d-Moll von Cesar Franck (LP 6/4, beide mit dem Detroit Symphony Orchestra). Aber auch an modernen Kompositionen mangelt es nicht. Ergreifend: Blochs seltsam idyllisch anmutende Concerti Grossi Nr. 1 und 2 (LP 3, Howard Hanson). Mitreißend: Respighis majestätisch auftrumpfende Feste Romane (LP 1, Antal Doráti). So bietet also auch die Vinyl-Ausgabe eine musikalisch vielseitige Entdeckungsreise, bei der man sich auf reiche Schätze der Aufnahmegeschichte freuen darf.

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