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Ein Undercover-Jazzer kommt ans Licht

Lambert
04.04.2023

Das Album “All This Time” auf LP und vieles mehr finden Sie in unserem JazzEcho-Store.

Zwischen klassischen Musikern und Jazz kommt es leider viel zu oft zu Begegnungen, die für keine der beiden Seiten gut ausgehen. Und umgekehrt ist es häufig auch nicht unbedingt besser. Was nicht heißen soll, dass es nicht hin und wieder durchaus geglückte Beispiele für den heiklen Balanceakt zwischen diesen beiden sehr verschiedenen musikalischen Welten gibt. Ein solcher ist mit dem Album “All This Time” nun Lambert gelungen. Der Pianist gilt als enigmatischer Star der europäischen Neoklassik-Szene und versteckt seine wahre Identität nun schon seit fast zehn Jahren hinter einer gehörnten sardischen Maske .
Tatsächlich aber war Lambert, bevor er seine aktuelle Berühmtheit erlangte, ein flinkfingriger melodischer Improvisator in der Tradition von Bill Evans, ein Jazzer durch und durch also. Bei Auftritten, die er in jüngster Zeit absolvierte, ließ er sein sicheres Improvisationsvermögen in den für ihn typischen hochmelodischen, klar und minimalistisch gehaltenen Klavierstücken immer wieder aufblitzen. Zum Vorschein kam dann der Jazzmusiker, der ansonsten tief in ihm begraben war.
Nun bringt er diesen auf seinem achten Album “All This Time” in voller Pracht zum Vorschein. Herausgebracht wurde es (in Zusammenarbeit mit seinem Stammlabel Mercury KX) treffenderweise bei dem historischen Jazzlabel Verve Records, für das der 1980 gestorbene Bill Evans in den 1960er Jahren vieler seiner besten Alben eingespielt hatte. Gemeinsam mit dem Bassisten Felix Weigt und dem Schlagzeuger Luca Marini mischt Lambert hier wie beiläufig Jazz, moderne Klassik und elektronische Elemente. Und findet so zu einen sehr zeitgenössischen Sound, der gelegentlich an EST, GoGo Penguin und das Portico Quartet erinnert, aber dennoch sehr eigenständig ist. Besonders schön ist, dass kein Standard-Programm heruntergespult wird, sondern fast durchweg auf Eigenkompositionen gesetzt wurde. Einzige Ausnahme ist die bluesige Jazzballade “Cry Me A River”, die ursprünglich für die große Ella Fitzgerald – eine weitere Verve-Ikone – geschrieben, aber durch Julie London bekannt wurde. “All This Time” macht auf jeden Fall Lust, mehr von dem Jazzer Lambert zu hören. Und von uns aus kann er sich dabei gerne auch weiterhin hinter seiner skurrilen Maske verstecken.

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