Yuja Wang | News | Virtuose Poesie - Der exstatische Klangzauber Yuja Wangs

Virtuose Poesie – Der exstatische Klangzauber Yuja Wangs

Yuja Wang
© Leila Méndez / DG
13.02.2014
Früher Erfolg auf allen Ebenen kommt nicht jedem Künstler zu Gute. Die einen gleiten ab in Eitelkeit. Anderen gerät sogar die Kunst aus dem Blick. In beiden Hinsichten kann man sagen: Das ist nicht das Problem der Yuja Wang. Obwohl die junge Chinesin bereits in ihrer Jugend unzählige Klavier-Wettbewerbe gewonnen hat und von der Presse weltweit für ihre schier unglaubliche Fingerfertigkeit gelobt wird, hat sie die Bodenhaftung nicht verloren. Mehr noch: Sie ist sich der musikalischen Versuchung, die bei ihren Fähigkeiten lauert, voll bewusst. Technische Virtuosität um der bloßen Virtuosität willen ist ihre Sache nicht. Eher sucht sie einzudringen in den seelischen Sinn der Musik. “Je mehr ein Stück mit mir als Person verbunden ist”, sagt Wang, “desto besser kann ich es spielen und das Publikum mitreißen.” Und die Virtuosität, die ihr als Gabe geschenkt worden ist, dient ihr dabei als Vehikel.

Glückliche Zusammenkunft

Der 1987 in Peking geborenen Yuja Wang liegt technisch schwierige Musik aus der spätromantischen, ins 20. Jahrhundert hineinragenden Zeit, kann sie hier doch sowohl ihr poetisches Talent als auch ihre technische Raffinesse und Spielfreude in vollen Zügen auskosten. Das gilt vielleicht in besonderer Weise für Rachmaninows wehmütiges drittes und Prokofjews aufbegehrendes zweites Klavierkonzert, deren erregende Live-Mitschnitte aus einem Konzert in Caracas man jetzt auf Wangs neuem Album für Deutsche Grammophon bewundern kann. Wang ist dazu mit dem renommierten Simón Bolívar Symphony Orchestra aus Venezuela zusammengekommen, einem jungen, dynamischen Orchester unter dem Stardirigenten Gustavo Dudamel, der begeistert ist von der Zusammenarbeit mit der Pianistin. “Yuja ist wirklich die ganze Zeit und mit allen Sinnen mit uns in Kontakt”, betont Dudamel, “die Verbindung ist so eng, als spielten wir Kammermusik.” Wang ist nicht weniger angetan und hebt hervor, dass das Orchesters sehr subtil auf sie eingehe.

Spielerisch leicht und wild

Ergreifend ist, wie das Simón Bolívar Orchester die eingängige Anfangsmelodie aus Rachmaninows berühmtem Klavierkonzert Nr. 3 in d-moll zart und warm fließen lässt. Gleichwohl schreitet die Musik zügig voran. Man spürt allenthalben die Jugend, die unbändige Kraft des Orchesters, das Dudamel ganz auf Dynamik getrimmt zu haben scheint. Wang fügt sich diskret ein. Man tastet sich wechselseitig ab, kommt einander näher, und im zweiten Satz ereignet sich dann ultimativ, was Wang und Dudamel so eindringlich als die Kommunikation zwischen Orchester und Klavier beschrieben haben. In die wehmütige Melodie, die in ihren Klangfarben vom Orchester fein herausgearbeitet wird, bricht das Klavier mit heftigem Protest ein. Und als wolle es der überzogenen Traurigkeit etwas Leichteres entgegensetzen, spielt es bald eine lieblichere Melodie. Das Orchester lässt sich darauf ein, und die Wehmütigkeit verwandelt sich in etwas Kräftigeres, in eine erhabene Traurigkeit, die jeglichem Wimmern abschwört.

Explosive Schnelligkeit

Prokofjews Klavierkonzert Nr. 2 in g-moll ist explosiv und flüchtig. Es bringt eine moderne Unruhe, ein wildes Gezerre zwischen Altem und Neuem zum Ausdruck. Unwillkürlich denkt man an die Filmbilder des aufkeimende Massenstadtlebens in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Es pulsiert allenthalben. Die Gleichzeitigkeit unterschiedlicher Stimmungen und Aktivitäten, wie Hektik, Innehalten, Beobachten, Weiterziehen, wird hörbar. Eine solche Musik erheischt vielleicht von sich aus eine Live-Einspielung. Und Yuja Wang, die mit unfassbarer Souveränität die Schnelligkeit Prokofjews beherrscht und ihr Farbe verleiht, betont denn auch selbst, wie froh sie ist, dass das neue Album “die Stimmung unseres Livekonzerts einfängt – explosiv, aber kontrolliert und sehr kommunikativ”.

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