Riccardo Chailly | News | Sensationsfund – Riccardo Chailly brilliert mit Strawinskys verloren geglaubtem "Chant funèbre"

Sensationsfund – Riccardo Chailly brilliert mit Strawinskys verloren geglaubtem “Chant funèbre”

Riccardo Chailly
Decca/ © Gert Mothes
11.01.2018
Riccardo Chailly ist das Gegenteil eines trommelnden Künstlers, der mit Sensationen auf sich aufmerksam macht. Umso überraschter darf man sein, dass der italienische Feingeist das Jahr 2018 mit einem Paukenschlag beginnt. Decca hat soeben ein sensationelles Strawinsky-Album von Riccardo Chailly auf den Markt gebracht.    

Kongenial: Riccardo Chailly und das Lucerne Festival Orchestra

Darauf erlebt man den preisgekrönten Dirigenten, der seit 2015 die Geschicke der Mailänder Scala lenkt, frühe Orchesterwerke des russischen Avantgarde-Komponisten Igor Strawinsky interpretieren. Chailly hat das energisch pulsierende Album gemeinsam mit dem Lucerne Festival Orchestra aufgenommen, einem jungen, hochmotivierten Klangkörper, der bekannt ist für seine hingebungsvolle Musizierfreude und nie zu stillende Entdeckerlust.
Chailly passt kongenial zu diesem unverbrauchten Orchester, bei dem er seit 2016 als Chefdirigent unter Vertrag steht. Der Mailänder Feingeist weiß, was er an den hervorragend ausgebildeten Musikerinnen und Musikern hat, die – wie er – perfekt ausgewogene, hochgespannte Klangkunst lieben. Dass sie das gemeinsam für Igor Strawinsky, den hochimpulsiven Neuerer des frühen 20. Jahrhunderts, prädestiniert, hat die Weltpresse nach jüngeren Live-Auftritten Riccardo Chaillys einmütig zur Kenntnis genommen.  

Sensationsfund: Strawinskys “Chant funèbre”

So notierte “The Times”: “Ein überwältigendes Strawinsky-Programm. Für das Lucerne Festival Orchestra hat wahrhaftig eine neue Ära begonnen.” Und dieser Auftakt wird von einem Glücksfall begleitet, an den noch vor wenigen Jahren kein Musikwissenschaftler zu glauben gewagt hätte. Bei Renovierungsarbeiten im St. Petersburger Konservatorium sind im Jahre 2015 Noten von Igor Strawinsky aufgetaucht, die über ein Jahrhundert als verloren galten.
Es handelte sich um den “Chant funèbre”, ein frühes Orchesterwerk des großen Avantgardisten, das seit jeher reichhaltig Anlass zu Spekulationen und musikalischen Phantasien bot. Man wusste, dass es dieses Werk gibt. Aber wie mochte es geklungen haben? Das Rätsel ist nun gelöst. Die Noten sind da, und jetzt liegt mit dem neuen Album von Riccardo Chailly auch erstmals eine Aufnahme des mythenumwobenen Werkes vor. Das musikalische Ergebnis ist elektrisierend.

Klangekstasen: Ein Fest der Moderne

Getragen von tiefen, düsteren Klängen, breiten sich zarte, elegische Gebilde aus, die mit viel Gefühl angereichert sind. Strawinsky hat das Werk seinem legendären Lehrer, dem großen Rimski-Korsakow, gewidmet, und man spürt allenthalben die tiefe Verehrung, die er dem Meister entgegenbrachte. Zugleich ist ein modernes Flirren zu vernehmen. Hochspannung liegt über dem “Chant funèbre”, den man sich ohne weiteres als Filmtrack zu einem aufregenden Psychothriller vorstellen kann.
Sind hier wie auch in den von Sophie Koch hinreißend interpretierten Liedern unter dem Titel “Faun und Schäferin” stets noch romantische Anleihen zu registrieren, so findet Strawinsky spätestens in “Le sacre du printemps” zu seinem rhythmusbetonten Personalstil. Riccardo Chailly und dem Lucerne Festival Orchestra gelingt mit dem modernen Klassiker ein kleiner Geniestreich. Die Wucht der Ballettmusik wirkt leicht gezügelt, und dadurch verschafft sie sich umso spannungsvoller Geltung.  

Mehr Musik von Riccardo Chailly

Mehr von Riccardo Chailly