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Mit Werken des Übergangs zur künstlerischen Reife – Rafał Blechacz spielt Debussy und Szymanowski

Rafal Blechacz
© Felix Broede / DG
17.02.2012
In der für ihn typischen zurückhaltenden Art erzählt Rafał Blechacz vom Beginn seiner Liebe zur Musik Karol Szymanowskis. Im Alter von etwa 12 Jahren hatte er dessen Musik in einem Recital des Pianisten Jerzy Godziszewski gehört. Alles habe so herrzerreißend schön geklungen, erinnert sich der heute 27-Jährige: der harmonische Reichtum, die wundervollen Modulationen und Melodien. Damals wächst in ihm der Wunsch, diese Musik selbst zu spielen.

Das erste Werk, das er einstudiert, sind die Variationen op. 3. Und seit seinem sensationellen Erfolg beim Warschauer Chopin-Wettbewerb im Jahr 2005 spielt er es häufig in Recitals. Die positiven Reaktionen des Publikums bestärken den Pianisten, mehr Werke dieses selten gehörten polnischen Komponisten zu Gehör zu bringen.

Brücken über den Abgrund


Auf seinem neuen Album stellt Rafał Blechacz eine Auswahl von Werken Karol Szymanowskis und Claude Debussys einander gegenüber. Damit wirft der junge Pianist einen faszinierenden Blick in die kreative Treibhausatmosphäre zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Beide, der 1862 geborene Debussy und der zwanzig Jahre später geborene Szymanowski, hatten sich zunächst von dem europaweit grassierenden Wagnerfieber anstecken lassen.

Doch bald empfinden sie den Weg der deutschen Spätromantik zunehmend als Sackgasse. In dem Essay “L’Influence allemande sur la musique française” schreibt Debussy 1903: “Wagner war ein schöner Sonnenuntergang, den man für eine Morgenröte gehalten hat.” Und auch Szymanowski wendet sich ab, spricht später von einem “tiefen Abgrund, vor dem die zeitgenössische deutsche Musik stand, ein Abgrund, der um jeden Preis überbrückt werden musste.”

Blechacz und Debussy – Eine ideale Paarung

Beide Komponisten öffnen sich neuen Einflüssen und beschreiten eigene Wege. Und für seine neue Aufnahme “Debussy / Szymanowski” hat Rafał Blechacz Werke des Übergangs ausgewählt. Im konventionellen Rahmen einer barocken Suite erschließt Debussy in “Pour le Piano” harmonisches Neuland und einen neuartigen pianistischen Stil von bis dahin ungekannter Virtuosität. Man höre etwa Blechacz' Interpretation der Toccata. Die Transparenz seines Spiels und der Farbenreichtum seines Anschlags finden in dieser Musik ihre optimale Entsprechung.

“Vor dem Chopin-Wettbewerb spielte ich viel Musik von Debussy. Das hat mich sensibler für Farben und Klangschattierungen gemacht, die auch eine wichtige Rolle in Chopins Musik spielen. Ich bin froh, mich nach drei Alben für Deutsche Grammophon wieder der Musik Debussys zuwenden zu können, die mir sehr nahe liegt und auch meine Chopin-Interpretationen geprägt hat.” Und mit seiner Einspielung des den Klängen des javenesischen Gamelans abgelauschten “Pagodes” aus Debussys “Estampes” von 1903 gibt Blechacz ein eindrucksvolles Beispiel für die Präzision seines Spiels und seinen subtilen Pedaleinsatz.

Beeindruckende Souveränität


Der dionysische Klangrausch von “L’Isle Joyeuse” bildet das Bindeglied zu Szymanowskis im Jahr 1909 vollendetem Präludium und Fuge in cis-Moll, in dem der Komponist ähnlich Debussy innerhalb eines barocken Formmodells zu einer neuartigen Klangsprache findet. Vor allem der Anfang des Präludiums, so Blechacz, erinnere an die expressionistische Atmosphäre einiger an der Grenze zur Atonalität stehender Werke Alexander Skrjabins.

Als besonders reizvoll empfindet Blechacz die 1. Klaviersonate Szymanowskis. “Sie ist voller Emotionen und Kulminationen, doch auch voller erhabener und subtiler Momente”, sagt er. “Vor allem das Menuett ist interessant. Es ist reich an polyphoner Stimmführung – die Melodien entfalten sich sowohl in der linken als auch in der rechten Hand – und voller erstaunlicher harmonischer Wendungen.” Und mit angesichts seines Alters beeindruckend souveräner Gestaltungskraft gelingt es Rafał Blechacz, die sich vielfältigen Einflüssen verdankenden Ideen dieses monumentalen Jugendwerks Szymanowskis zu einem kohärenten und bezwingenden Ganzen zusammenzufügen.  

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