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Beglückender Auftritt – Max Richter in der Yellow Lounge

Max Richter
© Stefan Höderath
02.02.2017
Es ist 21:00 Uhr. Das Säälchen am Holzmarkt ist schon fast gefüllt, und es liegt eine Stimmung spannungsvoller Erwartung in der Luft. Um 22:00 Uhr beginnt das Konzert, und so kann man sich noch in aller Ruhe beim Bier oder einem Glas Wein vergnügen. Das Konzept der Yellow Lounge gestattet diese einmalige Stimmung zwischen Lockerheit und leidenschaftlichem Interesse für die Kunst. Für die musikalische Untermalung um den Live-Act herum sorgten die DJs Cle und Alex Barck. Abgerundet wurde die Atmosphäre wie bei jeder Yellow Lounge durch einzigartige Videokunst, in diesem Fall von Philipp Geist. Dass Klassik, dass ernste Musik nicht spröde zu sein braucht: In der Yellow Lounge liegt der Beweis.
Dabei ist man jedes Mal von Neuem erstaunt, wie schnell die lockere Lounge-Atmosphäre in äußerste Konzentration umschlägt. Von einer auf die nächste Sekunde herrscht plötzlich Stille und das Publikum stellt sich innerlich ganz auf die Musik ein. So auch an diesem Abend, als Max Richter kurz nach 22:00 Uhr gemeinsam mit einem Streichquintett die Bühne betritt und sich in direkter Ansprache an das Publikum wendet. Sichtlich erfreut über den warmen Empfang, den man ihm hier bereitet, bespricht er das Programm für den ersten Teil des Abends.

Highlights des neuen Albums: “Three Worlds: music from Woolf Works”

Natürlich wird sein neues Album im Zentrum stehen, seine tags darauf erscheinende und schon seit Wochen sehnsüchtig erwartete Hommage an Virginia Woolf. Max Richter hat die Musik zu Wayne McGregors hochgelobter Ballett-Produktion “Woolf Works” beigesteuert, die 2015 am Royal Opera House in London Premiere feierte, und jetzt präsentiert er dem Berliner Publikum einen Ausschnitt dieser Arbeit. Wie das aktuelle Album, so beginnt auch der Konzertabend mit dem Glockenspiel von Big Ben.
Umgehend herrscht Stille im Säälchen, als plötzlich die Stimme von Virginia Woolf durch den Raum schallt. Max Richter mischt darunter Geräusche aus dem Straßentreiben von London. Dabei fügt sich alles seltsam zauberisch zueinander: Big Ben, Woolfs Reflektionen über die Vieldeutigkeit von Sprache und die Straßengeräusche von London. Am ergreifendsten: die ebenso empfindsam wie entschlossen deklamierende Stimme der Woolf, die das Publikum sichtlich bewegt. Es ist, als ob eine andere Zeit in den Raum einströmt und sich mit der Clubatmosphäre verbindet.

Beseeltes Publikum: Zufriedene, glückliche Gesichter

Eine Grundsensibilität für die große britische Schriftstellerin, die ein an Höhen und Tiefen reiches Leben hatte, ist damit geschaffen, und Richter geht nun mit “In the garden” emotional aufs Ganze. Das Stück ist eine lyrische Geigenmelodie, die sich sanft über das Klavierspiel von Max Richter legt. Die Melancholie der Dichterin, ihr gewaltiger Tiefsinn und ihre erzählerisch feinfühlig gezeichneten Figuren werden jetzt immer erlebbarer, als Richter auch dem tänzerischen, dem bebenden und leidenschaftlichen Moment der Woolf musikalisch Gestalt verleiht.
Mit “Memory is the seamstress” klingen nach einem kurzen Woolf-Text über Erinnerungsschmerz tanzbare Ambientsounds an. Max Richter wippt im Takt mit. Er schaut beiläufig ins Publikum und lächelt, so als wollte er sagen, es darf getanzt werden, und tatsächlich beginnen sich die Leute zu bewegen. Stiller geht es im zweiten Programmteil zu, der ganz auf romantisch verträumte Klavier- und Streicherklänge konzentriert bleibt. Richter gibt hier Highlights von seinen Alben “The Blue Notebooks” und “Infra” zum Besten. Das Publikum ist hingerissen. Wo man an diesem Abend auch hinschaut: zufriedene, glückliche Gesichter.    

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