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Wilhelm Kempff und die Klaviersonaten Ludwig van Beethovens

Wilhelm Kempff
© Siegfried Lauterwasser / DG
11.09.2019
Seit ihrer Entstehung bieten die Klaviersonaten Ludwig van Beethovens Generationen von Musikwissenschaftlern immer wieder neuen Anlass zum Beschreiben und Deuten, zum Einordnen in den Zusammenhang des Beethovenschen Oevres und zum Zuordnen zu bestimmten Ereignissen in seiner Biografie. Es liegt in der Natur der Sache – wir reden hier von Musik – dass letztlich nicht sie es sind, die Millionen den Zugang zu diesem Kosmos ebnen. Es sind die vielen Interpreten, die ihre Zuhörer einladen, sie auf ihrem meist sehr persönlichen Zugang zu Beethoven zu begleiten. Die Liste an Aufnahmen der Klaviersonaten Ludwig van Beethovens weist eine große Schar an Pianisten mit den unterschiedlichsten “Handschriften” auf, wie etwa Artur Schnabel, Friedrich Gulda, Rudolf Buchbinder, Wilhelm Backhaus oder Andras Schiff.

Ein Klavierstil, aus dem Geist des Instruments geboren

Zu ihnen gehört auch der 1895 in Jüterbog geborene Wilhelm Kempff. Aus einer alten Organistenfamilie stammend war es nur natürlich, dass er frühzeitig in der Kirche seines Vaters die Orgel zu spielen lernte und später Klavier studierte. Mit Neun hatte er die Professoren der Berliner Musikhochschule mit seinen virtuosen Fähigkeiten sprachlos gemacht, als er sich dort vorstellte. Dieses Instrument sei ihm quasi angeboren und auf den Weg gegeben worden, sagt Kempff über sich. Später habe er auch gelernt, nach innen zu horchen, und so sei nach und nach ein Klavierstil entstanden, der aus dem Geist des Instruments geboren ist. “Wir Klavieristen” sagte Kempff einmal, “sind dankbar, wenn man das Instrument zärtlich behandelt und nicht missbraucht, zu Schlagzeugeffekten, wie es oft geschieht, sondern dass man seine Seele sprechen läßt.”
Insgesamt dreimal ist Wilhelm Kempff mit dem Sonaten-Zyklus in ein Aufnahmestudio gegangen, zum ersten Mal während des Krieges, in den Jahren 1940–43, als er sechzehn der zweiunddreißig Sonaten für die Schallplatte in 78er Geschwindigkeit aufnahm. Den kompletten Zyklus spielte er zum ersten Mal in den Jahren 1951–56 ein.  Die in der jetzt vorliegenden wiederveröffentlichten Box enthaltenen Aufnahmen entstanden dann in den Jahren 1964–65 im Beethovensaal der Stadt Hannover.

Kempffs “Singen auf der Klaviatur”

Zu dieser Zeit war Wilhelm Kempff, dessen Klavierkunst auf dem Fundament der Musik Johann Sebastian Bachs fußte, längst zum Inbegriff eines romantischen Pianisten geworden, der das “Singen auf der Klaviatur” beherrschte, wie kein Zweiter. Vor allem das machte auch den vorliegenden Zyklus so beliebt. Gleichwohl, sagte Wilhelm Kempff einmal, habe man ihm auch vorgeworfen, dass er nicht Beethoven, sondern “kempffisch” spielen würde, dass er zu persönlich sei. “Aber wir wissen ja nicht, wie Beethoven gespielt hat”, antwortete er darauf. "Was war im Jahre 1805, als die “Apassionata” geschrieben wurde, klassisch?"
Nun liegt uns mit der anlässlich des bevorstehenden Beethoven-Jubliäums wiederveröffentlichten Box ein herausragendes Dokument vor. Wer diesen Zyklus hört, erlebt noch einmal das tiefe Eindringen Wilhelm Kempffs in einen der populärsten und zugleich schwierigsten Stoffe der Klavierliteratur, dessen Besonderheit darin liegt, dass Beethoven in seinen Sonaten das manifestierte, was ihm so lieb und teuer war: das Improvisieren am Klavier.
Hervorzuheben ist das technische Niveau, mit dem die Aufnahmen digital nachbearbeitet und damit von früheren Störgeräuschen befreit wurden. Das Mastering, vorgenommen für iTunes und andere Streaming-Anbieter des High Res Audio kommt der CD dabei verdientermaßen zugute.
 

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