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40 Jahre Hilliard Ensemble – Episode 6 – “Walter Frye” – Englische Contenance

The Hilliard Ensemble
© ECM Records
05.12.2013
Mitte des 15. Jahrhunderts war Englands militärische Vormachtstellung in Europa endgültig gebrochen. Alle Ländereien, die Henry V. und Henry VI. in Frankreich erobert hatten, gingen verloren und das Inselreich verstrickte sich nun in die so genannten Rosenkriege, eine langjährige dynastische Auseinandersetzung zwischen den Häusern York und Lancaster.
Die in Bezug auf die Kunst der Polyphonie so fruchtbare Beziehung, die während der Besatzung zwischen England und dem Kontinent – in Person von John Dunstable als führender Vertreter der “contenance angloise” (Martin Le Franc) und der ersten Generation frankoflämischer Komponisten um Gilles Binchois und Guillaume Dufauy – entstanden war, blieb von diesen politischen Entwicklungen in einigen Fällen unberührt.
Der englische Komponist Walter Frye (vermutlich † 1774) etwa machte zwar nie eine Reise außerhalb Englands. Seine Musik aber verbreitete sich weit auf dem europäischen Festland, erreichte und beeinflusste Komponisten in Frankreich, Spanien, Deutschland und sogar Italien. Mehrere seiner Chansons fanden noch Generationen nach ihm als cantus firmus Eingang in eine Reihe zyklischer Messen.
Walter Frye hat abgesehen von seiner Musik wenige Spuren in spätmittelalterlichen Dokumenten hinterlassen. Die Motette “Ave regina” erlangte zu seinen Lebzeiten offenbar große Bekanntschaft, denn Abbildungen ihrer Noten finden sich in drei Gemälden, darunter zwei aus der Werkstatt des flandrischen Malers, den Kunsthistoriker “Meister mit dem gestickten Laub” nennen.
Das überlieferte Werk Walter Fryes ist klein. Es umfasst drei Messzyklen, fünf Motetten und vier Chansons, von denen eine Zuschreibung bezweifelt wird. Seine drei erhaltenen Messen sind in einer Handschrift überliefert, die in der Koninklijke Bibliotheek in Brüssel als Manuskript 5557 aufbewahrt wird.
Das Hilliard Ensemble hat die Musik von Walter Frye im Januar 1992 in der Stadtkirche Gönningen für ECM New Series eingesungen. Über das Album von Gordon Jones (Bariton), David James (Alt), John Potter (Tenor) und Rogers Covey-Crump (Tenor) schrieb Wolf C. Frank in der Neuen Musikzeitung 04/1993: „In Fryes Musik vernimmt man sowohl ‚englische Wendungen‘ als auch antizipierend das vollendete Ebenmaß und den stilisierten Wohllaut der frankoflämischen Schule. Daß solche Musik dem Hilliard Ensemble auf den Leib komponiert scheint, daß man sich keine anderen Interpreten vorstellen kann, versteht sich.“
In diesem Player hören Sie Stücke aus den Alben, die in unsere Jubiläums-Serie vorgestellt worden sind:

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