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Wahre Schätze – Vinyl-Neuauflagen zu großen Jubiläen

Martha Argerich
© DG
12.04.2021
Vinyl klingt eben doch anders. Und immer mehr audiophil Besessene rüsten da, wo nicht längst ein Vinyl-Laufwerk installiert ist, die heimischen Stereoanlagen nach und scheuen dabei keine Kosten. Besonders glücklich sind sie, wenn die Musik auf der für wirklichen Fans unverzichtbaren 180-Gramm-Pressung erfolgt ist. 
Seit längerem schon sucht Deutsche Grammophone, den Ansprüchen eines erkennbar wachsenden Interessentenkreises gerecht zu werden und kann, was das Repertoire angeht, bei den Wiederveröffentlichungen natürlich aus dem Vollen schöpfen! Drei Jubiläen sind der DG willkommener Anlass, erneut tief in die Schatzkiste zu greifen, wahre Schätze zutage zu fördern, sie aus Originalquellen gemastert, auf 180er Vinyl gepresst und mit dem Original-Artwork versehen, zu veröffentlichen.

Eine wilde Liebe liegt darin

Gleich zwei der neuen Vinyl-Veröffentlichungen markieren den 80. Geburtstag Martha Argerichs, die ihr erstes Konzert im Alter von vier Jahren gab und bereits als junges Mädchen eine außergewöhnliche Virtuosin war. Während ihrer ganzen internationalen Karriere, die 1957 begann, behielt Martha Argerich, heute eine der wichtigsten Künstlerinnen in der Geschichte des Klaviers, jene Eigenschaften, die sie von Anfang an auszeichneten: Präzision, Detailversessenheit, rückhaltlose Begeisterung und Demut vor der Kunst. Ihr hoher künstlerischer Anspruch sich selbst gegenüber ließ jedes Konzert, jede Aufnahme zu einem Fest der Musik werden.
So wie etwa ihre Aufnahme von Tschaikowskys Klavierkonzert Nr. 1 mit dem Royal Philharmonic Orchestra und Charles Dutoit aus dem Jahre 1971. Das Musikmagazin “Grammophon” bezeichnete sie als “eine der schönsten Tschaikowsky-Konzertaufnahmen im Katalog”. Nicht nur die unglaubliche Energie mit der die jungen Martha Argerich sich diesem überaus anspruchsvollen Konzert stellte – geradezu atemberaubend ihre Gestaltung der Kadenz im 1. Satz des Konzerts – auch der beherzte Zugriff, mit dem Charles Dutoit das RPO durch das Werk führte, riefen seinerzeit ungeteilte Begeisterung hervor.
Um Martha Argerichs solistisches Schaffen zu präsentieren, fiel die Wahl auf ihre beiden Schumann-Aufnahmen aus dem Jahre 1984: mit den “Kinderszenen” und der “Kreisleriana”, jenem musikalischen Selbstporträt in acht Szenen, das der junge Robert Schumann seiner zukünftigen Frau widmete. “Meine Kreisleriana spiele manchmal! Eine recht ordentlich wilde Liebe liegt darin in einigen Sätzen, und Dein Leben und meines und manche deiner Blicke”, schrieb Schumann 1838 an Clara Wieck. Martha Argerichs pianistisch brillante, hoch aufgeladene Aufnahme macht das nur allzu deutlich. Um die größtmögliche Audioqualität zu erhalten, fand auf dieser Vinylveröffentlichung eine Änderung der Aufteilung statt: Die auf Seite 1 beginnende “Kreisleriana” (Teile 1–6) wird auf Seite 2 fortgesetzt, gefolgt von den kompletten “Kinderszenen”.

Viele subtile und schöne Details

Anlässlich des 50. Todestages von Igor Strawinsky wartet die Deutsche Grammophon sogar mit einer erstmals auf Vinyl veröffentlichten Aufnahme auf. 1992 nahm Pierre Boulez in einer bahnbrechenden Produktion mit dem Cleveland Orchestra die beiden populärsten Ballettmusiken Igor Strawinskys auf: “Pétrouchka” und “Le Sacre du printemps”. “Und obwohl diese beiden Werke die wohl auch am meisten aufgenommenen von Strawinsky sind, gelang es Boulez”, so schwärmte die Kritik damals, “viele subtile und schöne Details finden”. Seine Präzision des Ohres sei “Seite für Seite hörbar”. Auch hier wurde, um die Aufnahme in der größtmöglichen Audiotreue präsentieren zu können, das Material der damaligen CD-Veröffentlichung auf 2 LPs untergebracht.

Ein Sonderplatz für Helmut Walcha

Dem vierten Titel in der jetzt wiederveröffentlichten Vinyl-Serie gebührt ein Sonderplatz in dieser Reihe. Nicht nur, dass er an den 30. Todestag des großen Organisten Helmut Walcha erinnert – er starb am 11. August 1991 in Frankfurt. Walcha, Schüler von Günther Ramin und Günther Raphael, war von 1926–1929 Organist an der Leipziger Thomas-Kirche, danach an der Frankfurter Friedenskirche. Neunzehnjährig erblindete er vollständig, ein Schicksal, das er seit Jahren vorausgesehen hatte und deshalb, so lange es noch möglich war, Orgelwerke auswendig lernte. Später spielte ihm seine Frau bei neuen Werken Stimme für Stimme vor, er setzte sie im Kopf zusammen! In den fünfziger Jahren spielte er für die ARCHIV Produktion der Deutschen Grammophon das gesamte Bach’sche Orgelwerk auf Schallplatte ein, incl. der Kunst der Fuge, eine gewaltige Leistung, die damals großes Aufsehen erregte. Die Platten gingen um die ganze Welt.
Die jetzt wiederveröffentlichte LP mit den Interpretationen dreier Bach Toccatas und Fugen (BWV 565, 540, 538) und der Toccata, Adagio & Fugue, BWV 564 markiert zugleich die Geburt des Labels  ARCHIV Produktion. Helmut Walcha hatte im Sommer 1947 seine ersten Aufnahmen für dieses Label gemacht, damals noch auf 78er Schellackplatten. Mit Einführung der Langspielplatte 1950 konnte das Großprojekt verwirklicht werden, Bachs gesamtes Orgelwerk aufzunehmen. Dazu allerdings wechselte er von der Orgel der Lübecker Jakobi-Kirche an die Arp-Schnitger-Orgel in der St. Laurenskerk in Alkmaar. Diese großartigen Aufnahmen sind ist nun wieder auf Archiv Produktion verfügbar.

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