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Leidenschaftliche Spurensuche – Mit “Roots” ist Randall Goosby ein grandioses Debüt gelungen

Randall Goosby
© Jeremy Mitchell
30.06.2021
Welche Stücke wählt man für ein erfolgreiches Debüt bei einem renommierten Label aus? Der amerikanische Geiger Randall Goosby setzt nicht auf wohlklingende Standardwerke, sondern auf Authentizität, Vielseitigkeit und seinen ganz persönlichen künstlerischen Entdeckungsdrang. So hat der 24-jährige Musiker sich eine Fülle spannender Werke afroamerikanischer Komponistinnen und Komponisten jenseits des Mainstreams vorgeknöpft, in denen er neben seiner technischen Brillanz und Virtuosität auch ein ausgeprägtes Gespür für unterschiedliche Stilrichtungen, Klangfarben und Rhythmen unter Beweis stellt. 
Das Programm, das Randall Goosby für “Roots” zusammengestellt hat, ist eine ehrliche Hommage an Komponistinnen und Komponisten, “die in der Musikindustrie zu einer Zeit zurechtkommen mussten, als Rassismus, Vorurteile und Ausgrenzung noch an der Tagesordnung waren”, verrät der Geiger im Booklet des Albums. Und darüber hinaus hat Randall Goosby die Gabe, seine Hörerschaft musikalisch ab der ersten Sekunde für sich einzunehmen, zu verblüffen, zu berühren und die Hörerwartungen immer wieder ordentlich auf den Kopf zu stellen.
Gleich der erste Track ist ein Duo mit dem befreundeten Kontrabassisten Xavier Dubois Foley, der “Shelter Island” höchstpersönlich in Anlehnung an einen gemeinsamen Ausflug mit Randall Goosby komponiert hat. Ebenso außergewöhnlich wie die Besetzung, ist auch die Ausdruckskraft mit der die beiden jungen Musiker hier am Werk sind. Kaum reingehört, ist man auch schon ganz gebannt von der fantastischen und detailreichen Klangwelt, die Goosby mit seinem Album kreiert. Und man kann sich nicht satt hören an den mal jazzigen und mal bluesigen Klängen, die voller Emotionen stecken. Die Töne, die der Geiger seiner Guarneri del Gesù-Geige aus dem Jahr 1735 entlockt, sind mal rauchig und verführerisch, dann wieder betörend in Schmelz und Süße, besonders in “Deep River” von Samuel Coleridge-Taylor. Und Randall Goosby kann viel mehr als nur schön spielen: er erforscht unterschiedlichste Stile, legt mutige Tempowechsel auf das Parkett, phrasiert und gestaltet, dass es eine Freude ist – und klingt dabei immer authentisch.
Besonders aufregend und berührend sind Goosbys Ersteinspielungen der nahezu unbekannten Stücke von Florence Price, William Grant Still und Samuel Coleridge-Taylor geraten. In den Solostücken von Coleridge-Taylor Perkinson lässt der Violinist mit großer Transparenz Reflexionen von Johann Sebastian Bachs barocken Sonaten und Partiten hervorblitzen. In den Aufnahmen der Fantasien von Florence Price macht der Geiger Einflüsse französischer Musik hörbar. 
Darüber hinaus sind mit George Gershwin und Antonin Dvořák aber auch zwei renommierte Komponisten vertreten, die sich wiederum engagiert für die Musikkultur ihrer ausgegrenzten Mitbürger und Mitbürgerinnen interessiert haben und das in ihrer Musik spürbar machten. Goosby zelebriert im Zusammenspiel mit dem Pianisten Zhu Wang wunderbar virtuos die Highlights aus Gershwins Oper “Porgy and Bess” in einer Salonmusik-Fassung, die Jascha Heifetz einst für seine Konzertauftritte arrangiert hat. Eine weitere echte Entdeckung ist außerdem Dvořáks “G-Dur Sonatina Opus 100”, in der der tschechische Komponist kunstvoll Musik “aus der Neuen Welt” mit seiner romantischen Tonsprache verwebt und die Randall Goosby im Hier und Jetzt stimmungsvoll zum Leben erweckt.

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