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Revolutionäre Symphonik – Daniel Barenboim dirigiert Berlioz’s ‘Symphonie fantastique’

Daniel Barenboim
© Decca
05.07.2013
Die „Symphonie fantastique“ von Hector Berlioz fällt aus dem Rahmen. Denn schon sehr früh für seine Zeit hatte der französische Komponist damit experimentiert, Orchestermusik mit zusätzlichen Bedeutungen zu füllen. Das aber ist genau die richtige Herausforderung für Daniel Barenboim und das West-Eastern Divan Orchestra, ein junges Ensemble voller Kraft und Empathie.

Hector Berlioz war begeistert. Intensiv hatte er die Klangsprache Beethovens studiert und anhand von Partituren versucht, jeden Kniff des Idols zu verstehen. Zugleich aber hatte er für sich beschlossen, einen anderen Weg zu gehen und sich von den Fesseln des Althergebrachten zu lösen. Berlioz wollte Neues schaffen, Klangwelten, die über die Gattung in andere Felder hineingreifen. Die Symphonie fantastique wurde daher Programmmusik, unterfüttert mit einer verwirrenden Geschichte hinter der Komposition, die Berlioz mit einem Schmunzeln formulierte: „Ein junger Komponist von krankhafter Empfindsamkeit und glühender Fantasie hat sich in einem Anfall verzweifelten Liebeskummers mit Opium vergiftet. Die Dosis […] versenkt ihn in einen langen Schlaf, den die seltsamsten Visionen begleiten […]. Die Geliebte wird für ihn zu einer Melodie, zu einer ‚idée fixe’, die er überall wieder findet und überall hört“.
Eine fixe Idee
Diese fixe Idee erscheint in verschiedenen Veränderungen in dem Werk, im Kern ein einfaches Motiv vier absteigender Töne, und stellt bei näherer Betrachtung die Vorwegnahme des Prinzips des Leitmotivs aus der Welt der Oper in die des Orchesters dar. Diese Verknüpfung von außermusikalischem Programm mit einer Komposition war anno 1830, als die Symphonie Fantastique am Pariser Konservatorium uraufgeführt wurde, etwas Sensationelles und verhalf Berlioz zu kontroversen Auseinandersetzungen in der Fachwelt. Aus heutiger Perspektive stellt sich das Werk als Startschuss einer neuen Ära romantischer Poetisierung von Musik dar, die die Klangvorstellungen des 19.Jahrhunderts prägte.
Symphonische Revolution
Die Durchführung folgte einem klaren Plan, den Berlioz in erklärender, literarischer Form der Symphonie als „Episode aus dem Leben eines Künstlers“ zur Seite stellte. Sie reicht von den Rêveries, Passions, den leidenschaftlichen Träumen des jungen Komponisten bis hin zu unheilstiftenden Momenten, die die Gedanken des Schriftsteller nach dem fantasierten Mord an der Geliebten auf den Richtplatz (Marche au supplice) und schließlich zum Hexensabbath (Songe d’une nuit du sabbat) führen. Es ist Musik voll wilder, jugendlicher Leidenschaft und damit auch ideal für ein junges Ensemble wie das West-Eastern Divan Orchestra.
Barenboim in Höchstform
Im Jahr 2009 war dieses ungewöhnliche Orchester mit Musikern aus Israel und der muslimischen Welt bei der BBC Night of the Proms zu Gast, um dort unter anderem sein zehnjähriges Bestehen zu feiern. An seiner Spitze stand der Stardirigent und Mitbegründer des West-Eastern Divan Orchestra Daniel Barenboim, der es schaffte, die Musiker mit mitreißender Energie durch dieses romantische Meisterwerk zu führen. Die bei diesem Anlass entstandene hervorragende Aufnahme ist nun als Dokument einer musikalischen Sternstunde auf CD erhältlich, einschließlich einer Dokumentation auf DVD, die die englische BBC über das Orchester und seiner Leiter gedreht hat. Neben Berlioz Symphonie erklingen darüber hinaus Les Préludes von Franz Liszt, ebenfalls eines der Grundlagenwerke der romantischen Orchestersprache, das vom West-Eastern Divan Orchestra mit der nötigen Emphase und künstlerischem Esprit präsentiert wird.
Neben der CD wird Berlioz‘ zusammen mit Barenboim und seinem fantastischen Ensemble außerdem auch zweimal live zu erleben sein. Denn 20. August in Wiesbaden (Kurhaus) und am 25. August in Berlin (Waldbühne) werden der Maestro und das West-Eastern Divan Orchestra das Werk mit in ihr Programm nehmen. Lediglich das dritte Konzert der kleinen Sommertournee 2013 am 22.August in der Stuttgart (Liederhalle) wird sich anderen Schwerpunkten widmen. So oder so gibt es nun die CD-Aufnahme, die den Genuss der Symphonie fantastique immer wieder und in bester Klang- und Aufnahmequalität möglich macht.

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