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Le bohème

14.02.2001
Puccinis “La bohème” hat ihn schon als Kind manche Träne gekostet. Jetzt singt Andrea Bocelli selbst eine der berühmtesten Tenorrollen der Opernwelt, Rodolfo. Schlau ist, wer Taschentücher vorbereitet, bevor er die CD einlegt.
Das Bohème-Team musste nicht erst bis zum großen Fest im zweiten Akt warten. “Wir konnten Parties feiern,” schwärmte Produzentin Anna Barry von den Aufnahmen mit Tenor Andrea Bocelli, Sopranistin Barbara Frittoli und dem Rest des Ensembles. “Alle zogen an einem Strang – es gab keine Primadonnen, keine Wutausbrüche, nur tolle Zusammenarbeit.” Zubin Mehta leitete das Israel Philharmonic Orchestra und das rein italienische, sehr junge Ensemble mit Andrea Bocelli als Rodolfo und Barbara Frittoli als Mimì. “Man kann einer Aufnahme alles Mögliche hinzufügen, aber Enthusiasmus lässt sich nicht reproduzieren. Es waren wunderbare Leute,” begeisterte sich Anna Barry für die sonst so anstrengende Operngesamteinspielung.
 
Puccinis “La bohème” ist keine Heldenoper. Mimì ist eine Stickerin, krank und einsam. Die vier jungen Bohèmiens, die der Oper den Namen gaben, sind allesamt ganz gewöhnliche Menschen am Beginn ihrer Laufbahn: Der Dichter Rodolfo, der Maler Marcello, ein Philosoph und ein Musiker – keiner von ihnen ist mit überragenden Talenten gesegnet, sie arbeiten, sparen, versuchen ihr Glück. Was aber macht die Oper zum Bühnenrenner, mit dem sich nur “Carmen” und “La traviata” messen können? Zubin Mehta: “In ‘La bohème’ gibt es nicht nur ein, zwei Hits, die herausragen. Die ganze Oper ist aus einem Guss, da gibt es nicht eine schwache Stelle.” Komödie und Tragödie, Laster, Lust und Tugend, Hoffnung und Verzweiflung gingen schon in der literarischen Vorlage, Henry Murgers “Scènes de la vie de bohème” von 1851, eine gelungene Mischung ein: eine mit journalistischer Präzision erzählte Episodenfolge, die erst Puccinis Librettisten Giuseppe Giacosa und Luigi Illica zu einem geschlossenen Drama verschweißten.
 
Die Liebesgeschichte zwischen Rodolfo und Mimì rückte ins Zentrum, die Figuren erhielten Tiefe, der lakonische Ton wurde leidenschaftlich. Den Rest besorgte die melodienreiche Musik Puccinis. “Sie ist voller Gefühle, Leidenschaft und Tränen,” beschreibt Bocelli die Musik seiner Lieblingsoper. “Mit Rodolfo kann ich mich viel besser identifizieren als z. B. mit der Rolle des Macduff in Verdis ‘Macbeth’.” Als Andrea Bocelli 1998 im sardischen Cagliari den Rodolfo zum ersten Mal auf der Bühne sang, saßen so viele Italiener vor den Fernsehern, als würde Juventus Turin gegen Inter Mailand antreten. Sie waren Zeuge, wie der große Tenor einen langgehegten Traum verwirklichte und feierten ihn als den glaubwürdigsten Rodolfo der letzten Jahre. Jetzt liegt die Oper als CD-Einspielung vor: Ganz bestimmt keine Party-Musik und doch aller Grund zum Feiern.

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