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Jahrhundertpianist – Großedition von Alfred Brendel

Alfred Brendel
16.12.2015
Er ist ein Universalgenie. Ausgestattet mit den höchsten pianistischen Fähigkeiten, hat Alfred Brendel auch noch schriftstellerische und humoreske Gaben mit auf den Weg bekommen.

Mit Verve, Witz und Verstand: Alfred Brendel

Davon profitiert auch sein Klavierspiel. Es weist eine Souveränität auf, wie sie nur höchst selten vorkommt. Die Lockerheit, mit der Alfred Brendel die kompliziertesten Passagen zu meistern versteht, ist legendär. Wenn er den dritten Satz von Beethovens Mondscheinsonate spielt, dann fegt er regelrecht über die Tasten hinweg. Erstaunlich ist dabei die gleichzeitige Transparenz seines Spiels. Brendel schafft es stets, die Harmonien glasklar herauszuarbeiten, so heftig er auch loslegt.
Das ist mit Technik allein nicht zu erklären. Dahinter steckt eine ganze Lebensform, die mit Witz und Charme, Ironie und Komik, aber auch mit einem tiefen Gefühl für die Schwere der menschlichen Existenz gefüllt ist. Brendels pianistische Leichtigkeit speist sich aus Weisheit. Sie ist das genaue Gegenteil eines oberflächlichen Dahingleitens. Was sie vielmehr zur Geltung bringt, ist die Notwendigkeit des Tanzens. Das Leben ist zu kurz, um es nicht auszukosten. Das scheint das künstlerische Motto des Pianisten zu sein.

Enorme Spielfreude: Sämtliche Philips-Aufnahmen

Jedenfalls zeugt sein Lebenswerk von einer ungeheuerlichen Spielfreude, und es ist ein Hochgenuss, seine pianistischen Früchte jetzt in einer limitierten Edition umfangreich dargeboten zu bekommen. “Alfred Brendel – Complete Philips Recordings” umfasst 114 CDs und enthält sämtliche Aufnahmen, die der österreichische Meisterpianist für Philips getätigt hat. Der 1931 in Wiesenberg/Nordmähren geborene Künstler gehörte dem Label seit 1969 an. Die Zusammenarbeit mit Philips erwies sich als überaus fruchtbar.
Zahllose Referenzaufnahmen entstanden, darunter allein drei Gesamteinspielungen von Beethovens Klavierkonzerten, in denen Brendel immer wieder aufs Neue überraschende Schönheiten des Wiener Klassikers entdeckte. Er nahm die Klavierkonzerte mit dem London Philharmonic Orchestra unter Bernard Haitink, dem Chicago Symphony Orchestra unter James Levine und den Wiener Philharmonikern unter Simon Rattle auf. Die Unterschiede sind gewaltig. Doch jede Interpretation liefert auf ihre Weise ein überzeugendes Ergebnis.

Reife Edition: Gelungene Hommage zum 85. Geburtstag

Man hört einmal mehr, welch ein unversieglicher Quell Beethovens Kompositionskunst ist, und kann sich gar nicht satt hören an all diesen wundervollen Interpretationen. Das gilt nicht minder stark für Beethovens Klaviersonaten, die Brendel wie kein Zweiter zu spielen wusste. Sie finden sich zweimal als kompletter Zyklus in der Ausgabe und bieten eine klangliche Farbvielfalt, die schier umwerfend ist. Bei den Klavierkonzerten von Mozart zeigt sich Brendel dann vornehmlich von seiner spielfreudigen und lässigen Seite.  
Doch egal, ob er Haydn, Mozart, Beethoven, Schubert, Brahms oder auch Schönberg spielt – Alfred Brendel schwingt stets mit und zieht den Hörer fast magisch ins musikalische Geschehen hinein. Das macht diese Edition, die in enger Zusammenarbeit mit Alfred Brendel entstand, so reich, und der Hörer ist dankbar, dass er neben den grandiosen Philips-Aufnahmen zusätzlich noch in den Genuss bislang unveröffentlichter Radio-Aufnahmen kommt. Nichts zu wünschen übrig lässt schließlich auch die Gestaltung der Edition.
Auf der ebenso schlicht wie elegant gestalteten Box finden sich zwei Fotoarrangements des Pianisten, die ihn einmal in bewährt witziger Manier unter einem Regenschirm zeigen und einmal in einer gut zu ihm passenden denkerischen Pose. Beigefügt ist der Ausgabe ein fantastisches Booklet. Es umfasst 200 Seiten, enthält einen brandneuen Essay von Misha Donat, eine Liste mit Brendels Lieblingsaufnahmen, einen Komponisten-Index sowie alte und neue Fotografien des Pianisten. Kurz: Eine großartige Würdigung eines großartigen Künstlers.         

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