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Manfred Eicher
Der Gründer und Präsident von ECM Records Manfred Eicher versteht sich seit je her als recording producer, der das künstlerische Geschehen im Studio aktiv mitgestaltet. Seine Aufnahmen mit Musikern wie Keith Jarrett, Jan Garbarek, Chick Corea, Dave Holland, Egberto Gismonti, Paul Bley, Pat Metheny, Dino Saluzzi, John Surman, Ralph Towner, Terje Rypdal, Bobo Stenson, dem Art Ensemble of Chicago und anderen setzten auch klangästhetisch Maßstäbe. Schon in den siebziger Jahren avancierte ECM zu einem der wichtigsten Schallplattenverlage im Jazz.
1984 erschien mit Arvo Pärts Tabula Rasa die erste Veröffentlichung der Reihe ECM New Series, die sich der notierten Musik widmet. Seither entstanden Aufnahmen mit Kompositionen von György Kurtág, Alfred Schnittke, Heinz Holliger, Steve Reich, Meredith Monk, Erkki-Sven Tüür, Heiner Goebbels, Eleni Karaindrou, Giya Kancheli, Tigran Mansurian, Valentin Silvestrov und anderen. Unter den Interpreten und Autoren der New Series sind insbesondere zu nennen: Kim Kashkashian, Thomas Zehetmair, das Hilliard Ensemble, Gidon Kremer, Thomas Demenga, András Schiff, Heinz Holliger, das Keller Quartett, das Rosamunde Quartett, Herbert Henck, Leonidas Kavakos, Dennis Russell Davies, Christoph Poppen, Bruno Ganz und Jean-Luc Godard.
1990 drehte Eicher zusammen mit Heinz Bütler den Film Holozän nach einer Erzählung von Max Frisch, der beim Filmfestival Locarno mit dem Spezialpreis der Jury ausgezeichnet wurde. Manfred Eichers weitere Filmarbeit umfasst die musikalische Produktion bzw. Konzeption für Filme von Jean-Luc Godard (Nouvelle Vague, Allemagne Neuf Zéro, Hélas Pour Moi, JLG, Forever Mozart, Histoire(s) du Cinéma, The Old Place, Eloge de l'Amour, Notre musique), Theo Angelopoulos (Der Bienenzüchter, Landschaft im Nebel, Der schwebende Schritt des Storches, Der Blick des Odysseus, Die Ewigkeit und ein Tag, The Weeping Meadow), für Xavier Kollers Oscar-prämierten Film Reise der Hoffnung, für Bella Martha von Sandra Nettelbeck und für den Dokumentarfilm War Photographer von Christian Frei mit James Nachtwey. Aus der Zusammenarbeit mit Jean-Luc Godard ging die mehrbändige Dokumentation der kompletten Tonspur sowie des gesamten Textes der Histoire(s) du Cinéma hervor, die mit dem "Jahrespreis der deutschen Schallplattenkritik" ausgezeichnet wurde.
Herausragende ECM-Produktionen wurden unter anderem mit dem "Grand Prix du Disque" (Frankreich), dem "Edison Award" (Niederlande), dem "Grammy Award" (USA), dem "Academy Award" (Japan) und dem "Jahrespreis der Deutschen Schallplattenkritik" gewürdigt. 1999 ehrten die amerikanischen Musikzeitschriften Down Beat, High Fidelity Magazine und Musician Magazine Manfred Eicher als "Producer of the Year".
Manfred Eicher wurden zahlreiche Auszeichnungen zuteil. So erhielt er 1986 den "Ehrenpreis der deutschen Schallplattenkritik", 1998 den "Musikpreis der Landeshauptstadt München". Die Universität Brighton verlieh ihm im Jahre 2000 ein Ehrendotktorat "in recognition of his outstanding contribution to the development of contemporary music". 2002 wurde Eicher als "Best Classical Producer of the Year" mit einem Grammy ausgezeichnet. Im Januar 2005 wurde Eicher der "Kulturelle Ehrenpreis der Stadt München" verliehen.
ECM 40 Jahre - 1977
Nachdem langjährige Vertragsprobleme beseitigt sind, kann auch die Musik von Jarretts American Quartet endlich auf ECM erscheinen. Auf „The Survivors’ Suite“ zeigt sich die Band mit Dewey Redman, Charlie Haden und Paul Motian von ihrer allerbesten Seite. Wenig später folgen das Solo „Staircase“ und „Tales Of Another“, eigentlich ein Gary-Peacock-Album, der damit seine makrobiotischen Studien in Japan beendet. „Tales“ erlaubt einen ersten Blick auf die Gruppe, die in den 80er Jahren als „Standards Trio“ wieder auferstehen wird.
John Taylors Trio Azimuth geht, von Manfred Eicher gefördert, mit fast minimalistischem Kammerjazz an den Start, der Norma Winstones Stimme und Kenny Wheelers Trompete wunderbar zur Geltung bringt.
Jan Garbarek liefert mit „Dis“ ein weiteres bahnbrechendes Album, auf dem die sparsam in den Raum gesetzten Saxophonrufe von Ralph Towners sanfter Gitarre und dem Seufzen der Windharfe begleitet werden. „Dis“ ist ein Wendepunkt in Garbareks Diskographie, eine klare Distanzierung vom „Jazz“ und eine Beschränkung auf das absolut Wesentliche.
Egberto Gismontis ECM-Debüt „Danca das cabeças“ sprüht vor Leben – hyperaktive Gitarren und Piano, umringt von Nana Vasconcelos’ Regenwald-Percussion.
Zwei kontrastierende Duos, Garbarek/Towner und Gismonti/Vasconcelos, stehen neben Jarretts „Belonging“ und Oregon auf dem Programm der „Abende der Improvisierten Musik“, mit denen ECM durch Deutschland reist.
ECM 40 Jahre - 2013
ECM 40 Jahre - 1972
Nur vier Veröffentlichungen in diesem Jahr, drei davon mit Chick Corea. Der zweite Teil seiner „Piano Improvisations“ und zwei Ensemble-Aufnahmen, die unterschiedlicher nicht sein könnten: Circles „Paris Concert“ mit Braxton, Holland und Altschul mischt mit denkwürdiger Kreativität Einflüsse von Schönberg bis Miles und Free Jazz. Sechs Wochen später folgt „Return To Forever“, auf dem Corea einen neuen „kommunikativen“ Kurs mit pulsierendem elektrischem Piano, latinartigen Rhythmen, Airto Moreiras Schlagzeug und brasilianischer Percussion und dem muskulösen Bass der Neuentdeckung Stanley Clark einschlägt. Das Album stößt auf große Resonanz – Swing Journal erklärt es später zum einflussreichsten Album der 70er Jahre – und Coreas Band tourt mit viel Erfolg. Gleichzeitig überzeugt Manfred Eicher den Pianisten und den Vibraphonisten Gary Burton von den Vorteilen eines akustischen Duos. Auf dem Berliner Jazzfestival stellen Chick und Gary Material für ihr bevorstehendes Album „Crystal Silence“ vor und erobern das Publikum im Sturm.
Eine weitere wichtige Veröffentlichung ist „Facing You“, das Piano-Solo-Debüt von Keith Jarrett, das von einer kanadischen Zeitschrift als „the most beautiful sound next to silence“ gelobt wird. Auch der Spiegel zeigt Interesse: „Die derzeit besten Jazz-Aufnahmen sind in den meisten Plattenläden nicht zu bekommen. Nur im Postversand und durch ausgesuchte Spezialgeschäfte werden die (bislang 20) Langspielplatten der ‚Edition for Contemporary Music’ (ECM) vertrieben. Denn die zwischen London und Tokio als „mustergültig in Klang, Präsenz und Pressung“ (Fachblatt HiFi Stereophonie) gerühmte Produktion stammt nicht aus der Werkstatt eines großen Konzerns, sondern von einem – deutschen – Einzelgänger. Toningenieur, Aufnahmeleiter und Produzent der ECM Records ist der Münchner Manfred Eicher, 29.“
ECM 40 Jahre - 1995
Es ist viel los auf New Series. Die Cello-Brüder Thomas und Patrick Demenga spielen „12 Hommages à Paul Sacher“, auf dem Komponisten wie Boulez, Berio, Holliger, Britten, Lutoslawski und Henze dem Schweizer Förderer der modernen Musik Anerkennung zollen.
Dem ersten reinen Kancheli-Album, „Abii ne viderem“, mit Kashkashian, dem Hilliard Ensemble und dem Stuttgarter Kammerorchester, folgt prompt ein zweites: „Exil“, auf dem der georgische Komponist Gedichte von Paul Celan und Hans Sahl vertont. Maacha Deubners klarer Sopran berührt viele Hörer.
György Kurtágs Tribut an Robert Schumann, „Hommage à R. Sch.“, enthält auch Schumann-Fantasien und neue Kurtág-Musik für Viola, geschrieben für Kim Kashkashian.
Heinz Holliger erweist auf „Alb-Cher/Beiseit“ Sprache und Kultur seines Heimatlandes Schweiz Reverenz.
Herbert Hencks Debüt auf New Series weckt neues Interesse an der „Música Callada“ des katalanischen Komponisten Federico Mompou.
Olivier Messiaens jenseitsgerichtete „Méditations Sur Le Mystère de la Sainte Trinité“ weden interpretiert von Christopher Bowers-Broadbent.
Keith Jarrett spielt Händels Klaviersuiten.
Eleni Karaindrous Musik für Theo Angelopoulos’ Film „Ulysses Gaze“ stellt Kim Kashkashian als Solistin sehr effektvoll neben eine sonst rein griechische Besetzung.
Robyn Schulkowskys innovative Solo-Percussion auf „Hastening Westward“ wird hier und da von Nils Petter Molvaers Trompete akzentuiert.
Im Sommer 1994 spielt das Trio Jarrett/Peacock/DeJohnette drei Abende hintereinander im berühmten „Blue Note“ in New York. Wie die Festivals und Konzertsäle gewohnten Musiker auf die intime Atmosphäre reagieren, zeigt die 6-CD-Box „At The Blue Note“, auf der jede Note festgehalten ist.
„Time Will Tell“ mit Paul Bley, Evan Parker und Barre Phillips übersetzt das frei-kontrapunktische Konzept des Giuffre-Trios in die Gegenwart.
Tomasz Stanko stellt auf „Matka Joanna“ (benannt nach einem Film von Jerzy Kawalerowicz) ein neues, international besetztes Quartett mit Bobo Stenson, Anders Jormin und Tony Oxley vor.
Der Begleittext auf „Skies Of Europe“ des Italian Instabile Orchestra stammt aus der Feder von Ornette „Skies Of America“ Coleman. Einer der „Instabilen“ ist Gianluigi Trovesi, auf den noch weitere ECM-Projekte warten.
Terje Rypdals hitzige Gitarre lässt auf John Surmans „Nordic Quartet“ und Ketil Bjørnstads „The Sea“ die Temperatur um etliche Grade steigen.
John Abercrombie, Dave Holland und Jack DeJohnette re-formieren das Gateway-Trio und bringen mit „Homecoming“ ein neues Album heraus.
ECM 40 Jahre - 1996
Erkki-Sven Tüürs „Cristallisatio“ kündet von der Ankunft eines Komponisten, den man sich merken muss – der gebürtige Este hat die gesamte Landschaft moderner Musik im Blickfeld und führt gegenläufige ästhetische Perspektiven zusammen.
Das Keller Quartett spielt auf seinem ECM-Erstling Kurtágs „Music For Strings“ und erntet Preise allerorten.
„A Hilliard Songbook“ ist ein überfälliger Streifzug durch die vielfältigen zeitgenössisch-musikalischen Aktivitäten des Hilliard Ensembles, von Morton Feldman bis Veljo Tormis und von Barry Guy bis Arvo Pärt.
Zu hören sind sie auch auf Pärts „Litany“ neben dem Estonian Philharmonic Chamber Choir, dem Tallinn Chamber Orchestra und dem Lithuanian Chamber Orchestra, dirigiert von Kaljuste und Sondeckis.
Keith Jarrett, Dennis Russell Davies und das Stuttgarter Kammerorchester widmen sich Mozarts Klavierkonzerten mit Schwung und Eleganz.
Eduard Brunners Soloalbum „Dal Niente“ verschafft Helmut Lachenmann den ersten Auftritt auf ECM (seine Komposition wurde durch einige Kühe, die während der Aufnahme, den Berg hinunterkamen, aleatorisch bereichert). Außerdem enthalten: Klarinettenmusik von Boulez, Stravinsky, Stockhausen, Isang Yun und Scelsi.
Der Schweizer Verlag Lars Müller dokumentiert mit dem begeistert aufgenommenen Bildband „Sleeves of Desire“ die visuellen Aspekte der ECM-Alben.
Louis Sclavis’ „Les Violences de Rameau“ entdeckt neue Emotionalität in der Musik des Barockkomponisten.
„Reflections“, das erste ECM-Album des Bobo Stenson Trios seit 25 Jahren, erkundet Standards (Gershwin, Ellington) ebenso wie neues Material.
Cassandra Wilson singt auf „Dream Of The Elders“ Gedichte von Maya Angelou, begleitet von Dave Hollands Band. Auf „Visible World“ schließt sich Sängerin Mari Boine der Jan Garbarek Group an.
Saxophonist Joe Maneri und sein Geige und Bratsche spielender Sohn Mat experimentieren mit Gitarrist Joe Morris auf „Three Men Walking“ mit radikal neuen Improvisationskonzepten.
Egberto Gismontis „Zig-Zag“ ist ein quicklebendiges Trio-Set mit ausgedehnten Jam-Einlagen.
Steve Kuhn beschäftigt sich auf „Remembering Tomorrow“ noch einmal mit einigen seiner schönsten Stücke.